Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 39. Sitzung / Seite 81

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Und wenn das alles stimmt, frage ich als Letztes: Trägt dafür der Bundesminister für Inneres die Verantwortung, und wie lautet der Name dieses Ministers? (Abg. Ing. Westenthaler: Oder trägt der Pilz die Verantwortung?) – Nein, Kollege Westenthaler, für dieses Missverhältnis von körperlichen Kräften zu geistigem Unvermögen muss ich die Verantwortung wohl Ihrer Fraktion und Ihrer Gewerkschaftsfraktion zumessen. Dieses Verhältnis ist ein Privileg, das man nur bei Ihnen und Ihren Kameradinnen und Kameraden findet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: So tief! Der tiefste Politiker Österreichs!)

Die Postenbesetzungen im AUF-nahen Bereich waren in den letzten Jahren – und da geht es durchaus auch um die Verantwortung eines sozialdemokratischen Innenministers, der das zugelassen hat; das soll man gar nicht verheimlichen – die wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich der illegale Spitzelring der Freiheitlichen Partei im Bundesministerium für Inneres und in der Exekutive bilden konnte. Und jetzt – am Vormittag haben wir ein bisschen weniger Zeit gehabt – möchte ich Ihnen etwas genauer dieses System schildern und auch erstmals schildern, wie es nach unserem heutigen Wissensstand zur Bildung dieses Systems gekommen ist.

Anfang der neunziger Jahre hatte die AUF im Rahmen der Exekutive nicht nur in Wien bei Personalvertretungswahlen beachtliche Erfolge. Das hat sich inzwischen offensichtlich geändert, schlechte gewerkschaftliche Arbeit schlägt sich eben in Wahlergebnissen nieder. Und Mitglieder der AUF waren in der Lage, über Wien hinaus Schlüsselpositionen zu besetzen, insbesondere auch im kriminalpolizeilichen Apparat. Die Freiheitliche Partei hatte damals – unter Anführungszeichen – "sicherheitspolitisch" ein doppeltes Vorhaben.

Vorhaben Nummer 1 war polizeiliche Vorbereitung des systematischen Rufmordes an Gegnern und Kritikern. Jahrelang ist das – nicht nur vom heutigen "einfachen Parteimitglied" – erfolgreich praktiziert worden. Ein Großteil des dazu verwendeten Materials stammt aus der Kriminalpolizei, zum kleinen Teil aus der Staatspolizei, zum Teil aus dem Informationssystem EKIS! (Abg. Dr. Martin Graf: Und zum Großteil vom Pilz!)

Das zweite Einsatzgebiet des freiheitlichen Spitzelringes ist viel weniger bekannt. Anfang der neunziger Jahre hatte die Freiheitliche Partei in zunehmendem Maße ein inneres Problem. Die Flut an neuen Posten, von Gemeinderäten bis hin zu Landtagsmandaten, erlaubte es nicht mehr (Abg. Öllinger: Nationalrat auch!), genau und in jedem Moment zu wissen, wen man da gerade am Abend im Wirtshaus kennen gelernt und am Vormittag auf eine Wahlliste befördert hatte. Das wurde zu einem Sicherheitsproblem, und zwar aus einem einfachen Grund (Abg. Dr. Martin Graf: Sie dürfen nicht von den Grünen auf andere schließen!), weil sich immer öfter herausgestellt hat, dass das Vorstrafenregister der freiheitlichen Jungpolitiker viel länger war als das Register ihrer politischen Erfahrungen. (Beifall bei den Grünen.)

Insbesondere in Niederösterreich bestand seit Anfang der neunziger Jahre das Problem, dass die Freiheitliche Partei irgendwie verhindern musste, dass die Szene der Klein- und Mittelkriminalität mehr oder weniger geschlossen in die Freiheitliche Partei übersiedelt. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Mann hat viele Freiheiten da herinnen! Unglaublich!) Aus einer gewissen Perspektive gesehen ist es natürlich eine Frage, die sich jeder "zu Recht" – unter Anführungszeichen – stellt: Warum soll ich ein Delikt planen, wenn ich freiheitlicher Abgeordneter werden kann? (Abg. Mag. Schweitzer: Unglaublich!)

Das war eine Frage, die viele potenzielle freiheitliche Politiker auf eine Art und Weise beantwortet haben, die natürlich die Freiheitliche Partei in ein schiefes Licht gebracht hat. Mit Vorstrafen, mit einem einschlägigen Register ein Landtagsmandat (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben ja auch eine! Haben Sie nicht auch eine Vorstrafe?), endlich immun sein, endlich nicht mehr verfolgt werden können – das war eine durchaus verlockende Perspektive. (Abg. Mag. Schweitzer: Pilz ist auch verurteilt! Sie sind vorbestraft, oder? – Abg. Ing. Westenthaler: Straftäter Pilz!)

Und die Freiheitliche Partei etwa in Niederösterreich hat es damals zugelassen – vielleicht auch gewünscht, vielleicht auch organisiert –, dass Revierinspektoren aus Wien illegale EKIS-Abfragen getätigt haben, um draufzukommen, ob sich nicht schon wieder einer, den man gerade


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