Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 148

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Hohes Haus! Im Menschenrechtsausschuss haben wir einen Antrag des Abgeordneten Posch behandelt, der darauf gerichtet war, die Regierung dazu zu veranlassen, jährlich einen Menschenrechtsbericht zu erstatten. Wir haben im Ausschuss darüber debattiert – und im Anschluss daran hat es die Mehrheit der Regierungsfraktionen abgelehnt, dass jährlich ein Menschenrechtsbericht erstattet wird.

Sie von den Regierungsfraktionen haben es aber zugleich als notwendig erachtet, unsere Fraktion ständig mit Angriffen zu konfrontieren. – Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Welches Problem haben Sie denn bitte mit einem Menschenrechtsbericht, wenn Ihrer Meinung nach ohnehin alles so wunderbar ist, wie ja Frau Abgeordnete Partik-Pablé mit ihrem Zitat aus dem "Weisen"-Bericht gemeint hat?! Was hindert Sie denn dann daran, diese Möglichkeit, jährlich zu zeigen, wie wunderbar es bei uns ist, auch wirklich zu ergreifen?! Warum stimmen Sie diesem Antrag nicht zu?! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Das ist aber nicht das Einzige, wo Sie in der Sache etwas inkonsequent sind. Wir haben in den letzten Monaten – in den letzten neun Monaten, um es genau zu sagen –, und zwar in einem so genannten Grundrechtskonvent, über eine neue europäische Grundrechtscharta diskutiert, wir haben einen solchen Entwurf erarbeitet und dem informellen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Biarritz zugeleitet.

Natürlich haben wir dafür gekämpft, und zwar alle aus Österreich, die in diesem Grundrechtskonvent tätig waren, dass diese Grundrechtscharta ein Teil des europäischen Vertragswerks wird, weil es eben darum geht, den europäischen Bürgern, den Menschen, die in dieser Union leben, durchsetzbare Menschenrechte, durchsetzbare Bürgerrechte zu verschaffen.

Wir wollten daher vor diesem Gipfeltreffen in Biarritz den Herrn Bundeskanzler und die Frau Außenministerin mit einem entsprechenden Antrag unterstützen, diese Position in Biarritz zu vertreten.

Der Herr Bundeskanzler hat im Hauptausschuss erklärt, dass auch er der Meinung sei, dass eine verbindliche Grundrechtscharta angestrebt werden solle. Aber was passierte dann? – Dieser Antrag wurde von der Mehrheit der Regierungsfraktionen niedergestimmt!

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, darf ich Sie fragen: Welches Problem haben Sie denn eigentlich damit, den Menschen in der Europäischen Union – und das heißt, natürlich auch jenen in Österreich – Rechte zu geben, die diese gegen die Europäische Union, gegen bestimmte Institutionen durchsetzen können?! Welches Problem mit Menschenrechten haben Sie denn, dass Sie einen solchen Antrag ablehnen müssen?! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Redner der Regierungsfraktionen haben sich natürlich mehrmals auf den so genannten "Weisen"-Bericht berufen, unter anderem auch Frau Abgeordnete Baumgartner-Gabitzer. Aber es hat keinen besonderen Sinn, wenn sich die Regierungsfraktionen ausschließlich auf jene Passagen beziehen, in welchen durchaus steht und anerkannt wird, dass wir in Österreich im Bereich der Menschenrechte und auch im Bereich des Minderheitenschutzes im Laufe der letzten Jahrzehnte mühsam, aber doch ein beachtliches Niveau erreicht haben. Das ist richtig!

Aber, Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere jene von den Regierungsfraktionen, Menschenrechte sind nicht etwas, das in besonderer Weise zur Selbstgerechtigkeit und zur Selbstbeweihräucherung einlädt. Es ist notwendig, dass wir unser Auge insbesondere auf jene Dinge richten, wo wir noch nicht gut genug sind. Ich würde Sie einladen, auch jene Passagen des "Weisen"-Berichts zu lesen, in welchen die "drei Weisen" nicht nur den Wahlkampf der FPÖ in Wien 1999 kritisieren – mein Gott, das richtet sich selbst! –, sondern auch darauf hinweisen, welches Risiko es in ihren Augen nach einem europäischen Maßstab ist, wenn der Justizminister so agiert, wie er agiert. – Ich will das Ganze nicht noch einmal zitieren.


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