Der erste Satz meint, dass die Finanz- und Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung Ausdruck eines grundlegenden Paradigmenwechsels ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Was heißt das denn?) – Sie müssen Herrn Grasser fragen, was das heißt, nicht mich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich habe ja nur aus der Budgetrede vorgelesen, aber ich werde gleich versuchen, zu erläutern, wie das auf mich wirkt, Herr Kollege.
Und der zweite Satz lautet: "Wir möchten die Globalisierung als Chance für unser Land nützen und nicht Mauern rund um Österreich bauen."
Sehr gut, Herr Finanzminister! Ich kann das nur unterstreichen. (Abg. Freund: Stimmen Sie zu?) Wie erklären Sie dann, dass die Industrie – laut "Salzburger Nachrichten" vom 12. Oktober – einen Bedarf von 85 000 Spezialisten in der Computerbranche ortet? Vielleicht ist es ja nur die Hälfte, vielleicht sind es nur 10 Prozent. Es ist auch nicht nur die Industrie, die diesen Bedarf ortet, es sind auch andere Organisationen, auch die Wirtschaftsforscher. Und was ist passiert? – Herr Westenthaler sagt: Erstens glaubt er es nicht, und selbst wenn: Njet, das geht nicht! (Abg. Ing. Westenthaler: "Njet" sage ich sicher nicht!) Wir brauchen keine ausländischen Computerspezialisten, und selbst wenn wir sie brauchen sollten, dann gehe das eben nur zu Lasten der Familienzusammenführung legal hier lebender Ausländer.
Da frage ich mich: Meinen Sie das mit Paradigmenwechsel, keine Mauern rund um Österreich bauen, Globalisierung als Chance nützen? Wissen Sie, wie das auf mich wirkt? – Das ist eine Koalition aus Xenophobie und Wirtschaftsfeindlichkeit. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Wie halten Sie es mit arbeitslosen Österreichern?) Das ist etwas Neues, dass die ÖVP sich für so etwas hergibt. Fremdenfeindlichkeit und Wirtschaftsfeindlichkeit zusammengenommen, das war bisher ein Privileg der FPÖ. Aber die ÖVP macht hier mit! (Abg. Dr. Trinkl: Wer sagt das?)
Das war der erste Versuch, den Paradigmenwechsel zu erklären. (Rufe bei den Freiheitlichen: Was hat das mit dem Budget zu tun?) Na, Finanz- und Wirtschaftspolitik hat der Herr Bundesminister für Finanzen gestern gemeint. Und das ist ein aktueller Anlass, sich zu überlegen, wie diese Bundesregierung Globalisierung als Chance nützt, keine Mauern rund um Österreich bauen will und überhaupt einen Paradigmenwechsel anstrebt.
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, was man unter Paradigmenwechsel verstehen könnte, und ich habe dazu schon in der letzten Sondersitzung des Parlaments Stellung genommen. Wenn man alle Details dieser Budgetmaßnahmen vergisst und versucht, die großen Linien zusammenzuführen, dann kann ich dazu nur sagen: Es ist auffällig, wie sich bestimmte Maßnahmen im Bereich des Arbeitsrechts, im Bereich des Sozialversicherungsrechts und im Bereich des Lohnsteuerrechts an einem Punkt konzentrieren, nämlich bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeiterkammer schreibt dazu in ihrer Stellungnahme: Das alles ist offenbar nicht ein zufälliges Ergebnis bunt zusammengewürfelter Sparmaßnahmen, sondern folgt einem strategischen Ziel: Die wirtschaftliche Verhandlungsposition der Arbeitnehmer ist wesentlich von ihrer finanziellen Absicherung im Falle des Verlusts des Arbeitsplatzes bestimmt. Schwächt man diese Absicherung, dann schwächt man die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer im Lohnfindungsprozess insgesamt. – Herr Gaugg, hören Sie zu? Ist er überhaupt da? – Das ist schade, dass er nicht da ist. – Nicht zufällig, sondern treffsicher und konsequent werden diese Beendigungsansprüche in allen Rechtsgebieten beschnitten.
Ja, das ist ein Paradigmenwechsel, das stimmt, Herr Finanzminister Grasser. Haben Sie das gemeint? (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Viel mehr sehe ich ja nicht, was aus Ihrem Programm hervorgeht, außer – dritte Möglichkeit – Sie meinen die Machtübernahme kleinkarierter Buchhalter in der Budgetpolitik statt ökonomischer und bildungsbezogener Orientierungen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Posch: Wiederholen Sie den Satz, bitte!)
Es ist ja klar, dass das Defizit in einer guten Konjunktursituation sinken muss. Das ist so trivial, darüber lohnt es sich ja überhaupt nicht zu diskutieren. Aber was ist denn mit den zukunftsorientierten Investitionen, die gerade Herr Trattner wieder beschrieben und beschworen hat? Wir haben es schon so oft diskutiert, früher gemeinsam, jetzt zu meinem Erstaunen kontrovers.