Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 17

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Und jetzt soll die Staatsanwaltschaft untersuchen und erheben und dann dem Justizminister offensichtlich auch in eigener Causa die Berichte vorlegen, die dann zu einer weiteren Veranlassung der Justiz führen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt kein eklatanteres Beispiel einer politischen Unvereinbarkeit, als wenn ein Justizminister, der selbst belangt ist, an der Spitze dieses Ressorts sitzt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind der Auffassung, dass dieser Justizminister nicht länger das Justizressort führen kann, und wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Kostelka, Mag. Andrea Kuntzl und GenossInnen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung:

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Dem Bundesminister für Justiz wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen versagt."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das wäre dringend angebracht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist die zweite große Krise dieser Bundesregierung. Bei der ersten haben Sie sich noch auf den Außenfeind ausreden können. Diesmal, Herr Bundeskanzler, können Sie das nicht. Diesmal müssen Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner auseinander setzen. Aber Sie haben sich bisher darauf beschränkt, dass Sie am Nationalfeiertag, der eine große Chance gewesen wäre, sich über das Kleinkarierte zu erheben und das wirklich staatspolitisch Wesentliche zu sagen, eine ausschließlich blau-schwarze Propagandarede gehalten haben, in der Sie mit keinem einzigen Wort die Verstrickung der FPÖ in diese Angelegenheit erwähnt haben, sondern, obwohl Sie darauf Wert legen, dass die Unschuldsvermutung gilt, ausschließlich frühere Innenminister ins Gerede gebracht haben. Mit keinem einzigen Wort haben Sie die vermutlichen Täter erwähnt!

Das ist ein Musterbeispiel dafür, dass es bei Ihnen absolut kein Unrechtsbewusstsein gibt und die politischen Prioritäten völlig falsch gesetzt werden. Und das ist in einem Rechtsstaat keine gute Art, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler, Sie sind in dieser Frage nicht der Zuschauer, Sie sind nicht der Frühstücksdirektor, bei all Ihrer Erfahrung mit Frühstücksangelegenheiten (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), Sie sind als Bundeskanzler für die Gesamtheit der Bundesregierung verantwortlich. Und wenn es einen Fall gibt, der die Grundfesten erschüttert, der das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Justiz erschüttert, auch in Teile der Exekutive, dann ist es für einen Bundeskanzler angebracht, über die Koalitionstreue das Staatsbewusstsein und das Grundrechtsbewusstsein zu stellen. Und das haben Sie bis zum heutigen Tag, auch in Ihrer heutigen Rede, unterlassen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Während Ihrer gesamten Rede hat sich jeder gefragt – bei all dem, was Sie aufgeklärt haben wollen: alle politischen Zusammenhänge, die geklärt werden sollen, wer wann wofür verantwortlich war –, warum Sie Ihre Darstellungen dann nicht mit der Bemerkung abgeschlossen haben: Jawohl, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kann Licht ins Dunkel bringen! – Diese


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite