Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 85

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Dass das ein spezielles Anliegen der Freiheitlichen Partei ist, die psychische und geistige Lage anderer zu beurteilen, zeigt sich auch heute wieder in der Aussendung von Jörg Haider, der sagt, die Spitzelaffäre sei in den "kranken Gehirnen einiger Journalisten" entstanden. – So viel zur ehrenwerten Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das, was hier unter der Vorsitzführung des Zweiten und Dritten Präsidenten geschieht, wird nicht zur Beruhigung hier im Hohen Hause beitragen. Herr Präsident! Wenn ein Antrag auf Erteilung eines Ordnungsrufes nach § 103 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellt wird, dann ist dieser "am Schluss derselben Sitzung oder am Beginn der nächsten Sitzung nachträglich" auszusprechen. (Abg. Schwarzenberger: Er muss es nicht tun!) Das steht in § 103 Abs. 2 GOG! Unterstellen Sie mir, dass ich nicht lesen kann? Ich lese es Ihnen noch einmal vor, vielleicht brauchen Sie länger, um einen Paragraphen, einen Absatz zu verstehen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Aber die Entscheidung bleibt dem Präsidenten vorbehalten!)

Am 16. November wird eine ordentliche Präsidiale stattfinden, und am 16. November will unser den Vorsitz führender Verhandlungsleiter das Problem "Ordnungsruf" besprechen. Dann will er wahrscheinlich am 22. November – eventuell oder auch nicht, aber vielleicht doch – Herrn Minister Böhmdorfer einen Ordnungsruf erteilen. Aber es wird sich erübrigen, Herr Vorsitzführender, am 22. November einen Ordnungsruf zu erteilen, denn bis dahin werden sich die Sachen erledigt haben!

Eine inhaltliche Anmerkung noch: Herr Minister Haupt! Sie haben in Ihren Ausführungen als erstes die Familienpolitik angesprochen. Ich habe mich schon seit einiger Zeit gefragt, ob es überhaupt noch einen Familienminister gibt. Die Familienpolitik war der Sozialpolitik untergeordnet, war ein Teilbereich der Sozialpolitik, gut; davor haben allerdings gerade Ihre Partei, die FPÖ, und auch die ÖVP immer am lautesten gewarnt. 32 Redner hat es gebraucht, bis Herr Tancsits etwas zur Familienpolitik gesagt hat. Ihre Anmerkungen zur Familienpolitik beschränkten sich auf zwei Punkte: Sie haben gesagt, das Kinderbetreuungsgeld für alle werde kommen. (Abg. Mag. Kukacka: Und was haben Sie Konstruktives gesagt?) Und Sie haben Ihre Sorge um Haider und seine Familie geäußert. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.  – Gegenrufe bei der ÖVP.) – Das waren Ihre Beiträge zur Familienpolitik!

Sie haben gesagt, wir sollten bedenken, auch Politiker hätten Familie. Ich frage Sie: Hat Herr Haider jemals bedacht, dass Privatpersonen, die er mit Schmutz bewirft, die er diffamiert, die er verspottet, gegen die er eine Menschenhatz veranstaltet, Familien haben? Denken wir an die Doralt-Lüge! Haider behauptete: Ein Mann – Herr Doralt – im Dunstkreis von Skandalbrüdern und Kriminellen.

Das ist über Jahre hindurch so gegangen. Haider behauptete etwa, dass ein Schuldirektor wegen Trunkenheit im Unterricht seinen Posten verloren hat. – Das ist alles widerlegt worden. Haider behauptete, dass die Arbeit des Künstlers Heller einzig und allein auf seinen Vaterhass aufbaue, weil dieser der Nazikollaboration beschuldigt war. – Alles widerlegt! Er hat auch behauptet, ein 46-jähriger Direktor der Gebietskrankenkasse gehe locker in die Frühpension. Der Betreffende war eindeutig an Leukämie erkrankt.

Hat sich dafür jemals jemand entschuldigt? Hat bei solchen Aussagen über Privatpersonen, die ich fortsetzen könnte, jemals jemand an deren Familien gedacht? – Nein! Sie haben nie an die Familien gedacht! Aber von uns fordern Sie ein, wir sollten Ihre Sorge um die Familie des Herrn Haider teilen.

Herr Sozialminister! Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie soziale Kompetenz haben; Sie sind ja lange genug Sozialsprecher der FPÖ. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich weiß nicht, ob Sie Frauenkompetenz haben, ich weiß nicht, ob Sie Gesundheitskompetenz haben, und ich weiß nicht, ob Sie Familienkompetenz haben, denn das, was Sie zum Thema "Familie" gesagt haben, ist zu wenig, um von Familienkompetenz sprechen zu können.

Die "Kleine Zeitung" wird schon Recht haben – vorigen Donnerstag findet sich in ihr der Untertitel: "Herbert Haupt ‚träumt‘ zum Amtsantritt". Es gibt tatsächlich nur zwei Möglichkeiten, Herr


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