Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 115

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17.24

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal – es war noch nicht übermäßig oft – begründe ich, warum die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Klärung der Spitzelaffäre notwendig ist.

Ich sage Ihnen gleich etwas dazu: Mich regt es überhaupt nicht auf, dass ich – wie ich glaube – jetzt zum dritten Mal einen Antrag begründe und zum dritten Mal mit einer Ablehnung rechnen kann. Wissen Sie, wie lange wir bei "Lucona" und "Noricum" gebraucht haben? – Zehn, 15 oder knapp 20 Mal! Die leidgeprüften Kolleginnen und Kollegen, damals nicht von der Freiheitlichen Partei, können sich zum Teil noch gut daran erinnern: Irgendwann, auch wenn es am Anfang nicht so scheint, ist die Zeit für den Ausschuss reif. Und ich werde Ihnen jetzt jedes Mal, wenn wir einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses begründen, ein paar neue Informationen zum Nachdenken geben.

5. Juli 1995, Sondersitzung von Jörg Haider in diesem Hause einberufen: Jörg Haider geht an das Rednerpult, wendet sich an Justiz- und Innenminister und schildert in bewegten Worten die Vergehen und Verbrechen der so genannten Scheinasylanten. Er zitiert dazu aus drei geheimen Akten des Innenministeriums.

Rückblende – kurze Zeit vorher in den Räumlichkeiten des freiheitlichen Klubs –: Jörg Haider trifft dort zwei Beamte der Wiener Polizei, einer davon ist heute noch Landtagsabgeordneter der FPÖ in Wien. Und ich frage jetzt einige Abgeordnete, ob sie zufällig mitbekommen haben, was damals im Klub vor sich gegangen ist. Ich frage Frau Abgeordnete Partik-Pablé, ich frage Herrn Abgeordneten Jung, ich frage Herrn Abgeordneten Graf und ich frage Herrn Ex-Abgeordneten Haupt: Können Sie uns vielleicht sachdienliche Hinweise geben, was damals in der Früh des 5. Juli 1995 im freiheitlichen Parlamentsklub geschehen ist? War Jörg Haider mit den beiden Beamten wirklich allein? Oder waren da noch etliche andere dabei, und mit welchen Wahrnehmungen können Sie sich an der Aufklärung dieses Sachverhaltes beteiligen?

Jetzt möchte ich es den genannten Abgeordneten und auch anderen nicht extra schwer machen. Wissen Sie, was das Gute an Untersuchungsausschüssen ist, Herr Abgeordneter Graf? – Man muss sich dann gegenüber der eigenen Partei nicht dafür rechtfertigen, wenn man die Wahrheit gesagt hat, sondern man kann sagen: Ich konnte nicht anders, ich bin ja unter Wahrheitspflicht gestanden. Herr Abgeordneter Graf! Ich hoffe, Sie werden schon ziemlich bald sehen, dass das eigentlich ein Schutz der eigenen Persönlichkeit ist, wenn man die Wahrheit unter Wahrheitspflicht sagen darf. Sie werden sehen, dass es dann viel, viel leichter geht! – Das gilt auch für viele andere! (Abg. Mag. Schweitzer: Er war nicht dabei! Das ist die Antwort!) Meine Damen und Herren! Das hören wir uns dann unter Wahrheitspflicht an, und an den Abgeordneten Schweitzer werden wir eine Reihe anderer Fragen haben.

Jetzt nenne ich einen weiteren Grund dafür, warum es sich lohnt, hier weiter nachzufragen: Theresia Haidlmayr hat mich in die Kunst der Kilometergeldabrechnung eingeweiht, und ich bin ihr ausgesprochen dankbar dafür. (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Ich möchte Ihnen ihre Rechenergebnisse jetzt vorstellen. Ich entnehme – und ich habe mir da keine geheimen Akten besorgt – dem "FORMAT" eine Kilometergeldabrechnung mit der Unterschrift eines freiheitlichen Landtagsabgeordneten in Wien: "Kilometergeld Juli/August 1999: 7 994,80 S". Wenn Sie – ich selbst bin gar nicht auf diese Idee gekommen! – das durch das amtliche Kilometergeld von 4,90 S dividieren, dann kommen Sie drauf, dass der Polizist dem Herrn Landtagsabgeordneten Kreißl 1 631,5918 km in Rechnung gestellt hat. Es ist offenbar üblich, dass AUF-Funktionäre nicht sagen: Wir runden auf oder ab!, sondern da wird auf Zentimeter genau abgerechnet! Das ist die erste mir bekannte Zentimeter geldabrechnung! (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Wie das Zentimeter geldrechnungswesen der AUF und der freiheitlichen Landtagsabgeordneten aussieht, das wollen wir natürlich erkunden, weil auch wir Interesse an einem Rechnungssystem haben, bei dem es in erster Linie um Genauigkeit geht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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