Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 65

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von den Dingen, die er da heraußen vor einer halben Stunde gepredigt hat, in den vergangenen 30 Jahren wenigstens angefangen haben. Überhaupt nichts! Das alles ist Ihnen nur jetzt eingefallen, da Sie nicht mehr die Möglichkeit haben, sich entsprechend in Szene zu setzen!

Glauben Sie bitte nicht, dass die Bürger draußen nicht wissen, warum es jetzt gilt, den Gürtel enger zu schnallen. Die wissen das sehr wohl. Die wissen sehr wohl, was es bedeutet, pro Tag 680 Millionen Schilling – 680 Millionen Schilling pro Tag! – an Zinsen und an Kreditrückzahlung leisten zu müssen. (Abg. Edler: Wo sparen Sie? Bei den "kleinen Leuten"!) Sie sind zu 87 Prozent dafür, dass in Richtung Null-Neuverschuldung gearbeitet wird. Natürlich ist nicht jeder wirklich begeistert, wenn es ihn selber auch irgendwie trifft. Die Leute durchschauen Sie, die Leute wissen, dass an der Verschuldung die Sozialdemokratie schuld ist. Die Leute erkennen, dass alle Predigten, die jetzt von Seiten der Sozialdemokratie gehalten werden, daran kranken, dass Sie 30 Jahre Zeit gehabt hätten, irgendetwas zu tun, aber nichts oder zumindest nicht das Richtige getan haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber besonders absurd wird es, wenn, wie ich höre, Herr Gusenbauer – dem ich immer gerne ins Gesicht schaue, wenn ich mit ihm rede, aber leider ist er momentan nicht im Saal; ich mache es ihm nicht wirklich zum Vorwurf – das politische Klima beklagt. Ich habe jetzt wieder eine Inschrift wahrgenommen, die schlicht und einfach "Tötet Haider!" lautet. Ich erinnere an die Transparente, die bei den schon im Austrocknen begriffenen Demonstrationen an den Donnerstagen mitgetragen worden sind: "Widerstand im ganzen Land! Schüssel, Haider an die Wand!" Ich darf an das Transparent "Gebt uns Waffen!" erinnern.

Ich habe vor drei oder vier Tagen auf dem Weg zur Rehabilitation eine Inschrift gesehen, die wie folgt lautet: "Weg mit FPÖVP – Krieg!" Da frage ich mich, ob die Autoren dieser Texte wirklich alle Tassen im Schrank haben, denn Krieg in diesem Zusammenhang, im Zusammenhang mit einem innenpolitischen Problem, ist der Aufruf zum Bürgerkrieg, meine Damen und Herren! Und das ist das politische Klima, das Sie und Ihre Leute verbreiten und unter dem wir alle leiden! Das ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wer heute nach Krieg ruft, wer heute nach Bürgerkrieg ruft (Abg. Dr. Mertel: Haider in Villach hat "Krieg" gerufen!), wer dem nicht widerspricht, der hat jedes Recht verloren, ernst genommen zu werden, wenn er in der innenpolitischen Szene auftreten und mitreden möchte, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ähnlich ist es mit der Problematik der immer wiederkehrenden Misstrauensanträge gegen den Justizminister. Ich weiß schon, dass ein funktionierendes Justizressort ein Hindernis ist, wenn man in diesem Staat auch in der Rolle der Opposition tun und lassen möchte, was einem gerade einfällt. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Versuchung groß ist, den Justizminister und mit ihm die Justiz zu verunsichern, um sein Süppchen leichter ungestört kochen zu können. Aber ich sage Ihnen noch etwas: Dieser Justizminister hat vier oder fünf Misstrauensanträge überstanden, und er wird die nächsten 10 oder 15 auch überstehen, denn es wird die Waffe, die Sie leichtfertig verwenden, immer weniger wirkungsvoll und immer weniger scharf. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe auch meine Misstrauensanträge erlebt – ich weiß nicht mehr genau wie viele. Das ist eine ernste Sache, wenn man da oben auf der Regierungsbank sitzt. Der zweite ist nicht mehr so aufregend, beim dritten sagt man: Heute kommt vielleicht wieder ein Misstrauensantrag – na ja, schauen wir einmal. Das heißt, im gleichen Maße, in dem Sie in gebetsmühlenartiger Wiederholung einen Misstrauensantrag nach dem anderen einbringen, nehmen Sie diesem Instrument 50 Prozent seiner Wirksamkeit. Und irgendwann einmal gehört es so wie das "Grüß Gott" beim Hereingehen zum täglichen Geschehen und niemand regt sich mehr darüber auf. (Abg. Dr. Kostelka: Schaut so Ihre Vorwegnahme der Zukunft aus?)

Das sind allerdings Überlegungen, die parlamentspolitische, staatspolitische Inhalte haben, und die liegen Ihnen, wenn es um die tagespolitischen Anliegen geht, offensichtlich außerordentlich fern.


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