Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 75

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Ich erinnere nur an die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Erklären Sie mir, Frau Bundesministerin, wie es ein freiheitlicher Minister zustande gebracht hat – und das lässt sich leicht nachrechnen –, bei einer einzigen Versteigerung ohne Bruch eines einzigen Gesetzes einen Schaden von zumindest 24 Milliarden Schilling anzurichten! (Abg. Mag. Mainoni: Das ist kein Schaden!) Wenn Sie das jetzt in ein Verhältnis zum Kriminalfall Bank Burgenland setzen, dann können Sie feststellen, dass freiheitliche Wirtschaftskompetenz sich von sozialdemokratischer Wirtschaftskompetenz dadurch unterscheidet, dass ein freiheitlicher Minister imstande ist, ohne ein einziges Gesetz zu verletzen, einen Schaden in der fünffachen Höhe von jenem der Bank Burgenland anzurichten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe, Frau Bundesministerin, dass Sie zumindest hier im Vergleich zu Ihrem Vorgänger Besseres leisten, und wenn etwas gerechtfertigt war, dann war es seine Ablöse. (Abg. Kiss: Sie haben es nicht verstanden!)

Aber Sie sollten sich auch eine zweite Frage stellen, und diese zweite Frage lautet: Warum gibt es derzeit ein durchschnittliches Ablaufdatum für freiheitliche Regierungsmitglieder von sechs Monaten? Haben sie ein Batterieproblem, wie es Herr Ex-Minister Schmid erklärt hat? Haben sie ein automatisches Ablaufdatum, oder stimmt etwas mit dieser Regierungsmannschaft und mit dieser Partei nicht mehr?

Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Die fachlichen Qualifikationen – Westenthaler würde sagen: die Performance – legen es nahe, dass nicht nur diese drei nach einem durchschnittlichen Zeitraum von sechs Monaten zurücktreten. Da gäbe es noch andere Kandidaten. Die Frage, die sich mir vielmehr stellt, ist, warum die Minister, um die es wirklich geht und die in höchstem Maße ablösereif sind, um jeden Preis, und zwar weniger von der Freiheitlichen Partei, sondern insbesondere von Bundeskanzler Dr. Schüssel, im Amt gehalten werden.

Warum nimmt der Bundeskanzler den großen "Koalition-Alleskleber" und klebt den Justizminister am Sessel fest, obwohl er weiß, obwohl er ganz genau weiß, die Europäische Union hat das auch in ihrem "Weisen"-Bericht erklärt, warum Böhmdorfer nicht mehr tragbar ist? Es gibt ganz konkrete Verdachtsmomente, dass der Justizminister aus seiner Anwaltszeit heraus in die Spitzel- und EKIS-Affäre persönlich verwickelt ist. Jetzt ist ein äußerst glaubwürdiger Zeuge aufgetaucht, der erklärt hat, Geld, 5 Millionen Schilling, wahrscheinlich Schwarzgeld, wahrscheinlich Industriellenbeiträge zur illegalen Parteienfinanzierung der Freiheitlichen Partei, sind durch die Anwaltskanzlei Böhmdorfer über den jetzigen Minister selbst – er war der Adressat dieses Kuverts – geflossen.

Das ist nicht ein Rücktrittsgrund, meine Damen und Herren! Das sind so viele Rücktrittsgründe, dass bereits eine Serie von Justizministern in jeder zivilisierten Demokratie der Europäischen Union hätte gehen müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Nur in Österreich reicht eine Verurteilung durch die EU nicht, reicht eine Verwicklung in die Spitzelaffäre nicht, reicht der Verdacht auf Schwarzgeld durch die eigene Kanzlei nicht, und, und, und. (Abg. Mag. Mainoni: Bewusste Diffamierung!) Der Justizminister bleibt und sitzt an dem Ort, wo alle Ermittlungen gegen ihn langsam, aber sicher als Berichtsakte auf seinen Schreibtisch kommen.

Und ich frage mich: Haben Westenthaler, Haider und einige andere nicht primär Interesse daran, unter Inkaufnahme größten Schadens für die österreichische Justiz und den Rechtsstaat alles zu versuchen, dass gerade dieser Justizminister, solange es die Ermittlungen gibt, an diesem Platz sitzen bleibt, weil er selbst ein bestimmtes Interesse hat? Und das ist der entscheidende Punkt.

Derzeit, meine Damen und Herren, erleben wir etwas, was es noch nie gegeben hat. Und ich nenne Ihnen Beispiele, die es nicht geben wird und nicht geben kann, aus dem Alltagsleben.

Stellen Sie sich vor: Ein Autofahrer – es muss nicht gleich ein Landeshauptmann sein – rast mit 200 Stundenkilometern über eine Bundesstraße und wird von einem Verkehrspolizisten gestoppt. Normalerweise gibt es da Führerscheinentzug und, und, und. Im Falle eines frei


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