Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 128

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und bewusst, dass 20 Prozent aller Versicherten pro Jahr Ambulanzen in Anspruch nehmen und 80 Prozent nicht in sehr unterschiedlicher Variation. Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, auch darauf hinweisen, dass bei den Ambulanzgebühren eine Reihe von Ausnahmemöglichkeiten im Gesetz vorgesehen sind.

Sie gehen immer davon aus, dass Mindestrentner und sozial Schwache unter diese Regelungen fallen. Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben anscheinend seit Juli dieses Jahres noch nicht die Zeit gefunden, das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, das Sie mitbeschlossen haben, nachzulesen. Oder sollten Ihnen etwa die Unterschriftenaktionen im Rahmen mancher Sozialversicherungsträger mehr am Herzen liegen als die Gesetze, die Sie hier im Hohen Hause beschlossen haben?

Tatsache ist, dass für 50 Prozent aller, die Gefahr laufen könnten, Ambulanzgebühren zu bezahlen, von dieser Bundesregierung schon eine Ausnahmeregelung festgeschrieben worden ist. Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich frage Sie schon: Welches Vertrauen haben Sie in Ihre Vertreter im Hauptverband? Diese Bundesregierung hat aus gutem Grund dem Hauptverband und den Sozialversicherungsträgern die Regelungen und auch die sozialen Ausnahmeregelungen bekannt gegeben, weil wir immer davon ausgegangen sind, dass das, was Sie seit 50 Jahren predigen, nämlich die Mitverantwortung und die Eigenverantwortung der in den Sozialversicherungsträgern tätigen Funktionäre, die ihre Versicherten dort vertreten und die am besten wissen, wer sozial bedürftig ist, gefragt ist. Die haben die Daten, sie wissen, wer sozial bedürftig ist, sie kennen die Einkommenssituationen, und es sind daher auch keine Datenmanipulationen über Ministerien, über die Grenzen des Hauptverbandes hinaus notwendig, um diese Maßnahmen und diese Regulative umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wissen, dass zum jetzigen Zeitpunkt alle Sozialversicherungsträger gemeinsam 4,9 Milliarden Schilling – also nicht ganz 5 Milliarden – Schulden haben. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die ursprüngliche Annahme von 5,9 Milliarden Schilling bis Ende 2000 konnte Gott sei Dank auf Grund der Sparmaßnahmen und des Verhandlungsgeschicks meines Herrn Staatssekretärs auf dem Medikamentensektor um etwa 900 Millionen Schilling gesenkt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache Sie aber auch darauf aufmerksam, dass laut Bericht des Rechnungshofs zum Follow up, der am Freitag dieser Woche erschienen und mir übermittelt worden ist, trotzdem zwei Sozialversicherungsträger, die über massive Schulden verfügen, enorme freiwillige Sozialleistungen getätigt haben.

Ich bin als Sozialminister immer davon ausgegangen, dass die Krankenversicherung auch in der Funktion des Arbeitgebers primär jene Leistungen zu erbringen hat, die den kranken Menschen, den Beitragszahlern zugute kommen, und erst dann, an zweiter Stelle in der Reihenfolge, ihren Mitarbeitern "Marmelade aufs Butterbrot" – um das so auszudrücken – geben kann.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Dass in dieser beschränkten Situation zwei Sozialversicherungsträger, die über einen massiven Schuldenstand verfügen, einen umgekehrten Weg gegangen sind – und beide sind von Ihren Vertretern majorisiert –, soll zum Nachdenken anregen, wer da sozial agiert: die Bundesregierung oder Ihre Vertreter in der Selbstverwaltung der Sozialversicherungen?

Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es von 1997 bis 1999 einen Kompromiss gegeben hat, diese freiwilligen Leistungen in entsprechender Form zurückhaltend zu gestalten. – Das ist so erfolgt. Aber kaum war dieses Gentlemen-Agreement beendet, hat man einen anderen Weg beschritten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht diese Bundesregierung ist unsozial, sondern unsozial ist Ihre Politik, Schulden zu machen, die wir übernehmen mussten. Wir werden dafür sorgen, dass wir in Zukunft wieder jenen finanziellen Spielraum haben werden, um die vielleicht heute enttäuschten Pensionisten und Behinderten morgen voll zufrieden zu stellen. – Das verspreche ich Ihnen als Sozialminister. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

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