Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 145

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Bundesregierung zu starten. Mit einem kleinen Kindchen wird da geworben: die rosige Zukunft durch Schuldenabbau.

Meine Damen und Herren! Wenn man diese 70 Millionen Schilling für eine Werbekampagne der Regierung umlegt etwa auf die Versorgung von ... (Abg. Mag. Posch: Sie irren sich! Es sind 84 Millionen!) 84 Millionen Schilling – da müsste ich umrechnen. Bei 70 Millionen Schilling kämen Sie nämlich auf 10 000 Menschen, denen Sie einen Heizkostenzuschuss von 7 000 S geben könnten. Ich denke, bei diesen armen, bei diesen bedürftigen Menschen wäre das Geld besser aufgehoben als bei einer Werbekampagne der Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich weiß nicht, ob das der Sozialminister auch so sieht.

Aber wie gesagt, die Budgetkritik der EU haben Sie gehört. Was Sie nicht hören und beharrlich nicht hören wollen, ist, dass die EU genauso heftig, genauso vehement auch Kritik an der allzu großen Kluft zwischen den Geschlechtern beim Einkommen und bei den Pensionen, bei den Renten geübt hat. Der so genannte Gender Gap ist in Österreich erheblich größer als in anderen entwickelten Industriestaaten. Die Schere ist zugegebenermaßen, Herr Bundesminister, schon seit geraumer Zeit aufgegangen. – Kollege Spindelegger nickt. Die ÖVP war, so glaube ich, auch in den vorhergehenden Regierungen vertreten. Also irgendetwas müssen Sie damit zu tun haben – oder Sie haben diese Phase gänzlich vergessen.

Jedenfalls geht diese Schere auf, was unter einer anderen Bundesregierung geschehen ist, nur die Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden, werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – da sind sich SozialexpertInnen aller Couleur einig – dazu führen, dass diese Schere weiter aufgeht. Wenn Sie die bessere finanzielle Absicherung von Frauen im Wesentlichen ausschließlich an den Tatbestand Mutterschaft knüpfen und den Konnex zum Arbeitsmarkt schwächen, indem es nicht mehr um Versicherungssysteme geht und indem noch dazu nach einer Betreuungskarenz kein Recht auf erworbene Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bestehen soll, dann ist völlig klar, was passieren wird: Es ist ein Anreiz da, für längere Zeiten aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden. Und wir wissen alle, und auch Sie als Experte in der Sozialpolitik wissen es, was das bedeutet, nämlich dass der Wiedereinstieg, vor allem der Wiedereinstieg auf gleichem Niveau, nahezu unmöglich sein wird. So eine Politik lehnen wir strikt ab! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen, dass schon heute nur etwa 20 Prozent der Frauen einen gleichwertigen Wiedereinstieg ins Berufsleben schaffen. Wenn dazu nicht einmal mehr der volle Anspruch, und zwar Rechtsanspruch, auf die Leistung der Arbeitslosenversicherung besteht, dann können Sie sicher sein, dass sich diese Quote weiter verschlechtern wird. Dann wird uns die EU wieder kritisieren, aber die Bundesregierung stellt sich bei dieser Kritik, im Gegensatz zur Budgetkritik, absolut taub oder schwerhörig.

Es ist in der vorangegangenen Debatte ein weiterer Aspekt genannt worden. Ich glaube, es war Abgeordneter Kampichler, der gesagt hat: Jene, die es sich leisten können, tragen zur Budgetkonsolidierung bei. (Abg. Haidlmayr: Minimal!) Ich frage: Wer denn? Wie denn? Herr Abgeordneter Kampichler! Wie groß ist denn der Beitrag der – und da verwende ich sehr bewusst nur die männliche Form – Stiftungsmilliardäre zur Budgetkonsolidierung? Zahlen sie so viel – und auch das wäre noch ungerecht – auf die Zinserträge wie die viel gerühmten kleinen Sparerinnen und Sparer? Die zahlen nämlich 25 Prozent auf die Erträge ihrer Sparguthaben. Und wie viel zahlen die Milliardäre? (Abg. Haidlmayr: Nix! – Ruf bei der ÖVP: Dasselbe! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aha, Sie verweisen auf die frühere Regierung, in der Sie von der ÖVP offenbar nicht vertreten waren. Das ist bemerkenswert! Also die Erinnerungslücken werden immer größer. Und vor allem, Herr Abgeordneter Kampichler: Kann das ein Argument sein: Weil sie früher nichts bezahlt haben, brauchen sie jetzt auch nichts zu zahlen? Das erinnert mich an die Argumentation von Präsidenten Prinzhorn gegenüber "NEWS". Er hat gesagt: Ja, da hat man einmal ein Privileg eingeführt, und das kann man doch nicht so hopp oder tropp wieder abschaffen! (Beifall bei den Grünen.)


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