Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 164

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Änderungsgesetz. Wir haben zwei Tage lang ein Expertenhearing abgehalten und einen Tag lang im Justizausschuss beraten. Die überwiegende Mehrheit der Experten hat sich positiv zu dieser Novelle geäußert, und die einhellige Kritik, die von den Experten vorgetragen worden ist, wurde dann in einem umfassenden Abänderungsantrag berücksichtigt. (Abg. Mag. Prammer: Das ist nicht wahr!) Somit kann man von einer breitest diskutierten epochalen Novelle sprechen, die leider bei der linken Seite dieses Hohen Hauses auf massiven Widerstand stößt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es hat im Jahre 1999 18 512 Ehescheidungen gegeben, und das hatte zur Folge, dass 16 907 Minderjährige zu Scheidungswaisen wurden. Daran kann man erkennen, dass eigentlich enorm viele Kinder bei Scheidungen betroffen sind. Dieses neue Gesetz stellt erstmals die Rechte und das Wohl des Kindes in den Vordergrund. (Abg. Binder: Das ist unglaublich!) Die Richter haben dem Recht des Kindes zum Durchbruch zu verhelfen. In der Rede der Kollegin Prammer habe ich davon nichts gehört. Sie hat nur von der "Macht der Mütter" und von der "Macht der Männer" gesprochen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erstmals wird im neuen Gesetz die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge für Kinder nach der Scheidung verankert. Unsere Nachbarländer kennen dieses Modell bereits seit längerem. Das Gesetz, welches Kollegin Prammer hier als so ideal bezeichnet hat, stammt aus dem Jahre 1978 und hat den gesellschaftlichen Wandel, der sich in der Zwischenzeit vollzogen hat, nicht mitvollzogen.

Es war daher höchst an der Zeit, einen modernen Weg einzuschlagen, um diesem gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen. Die gemeinsame Obsorge schaffen wir für jene Familien, die erkennen, dass für eine gesunde Entwicklung des Kindes und für seine künftige Beziehungsfähigkeit der Kontakt zu beiden Elternteilen notwendig ist. Und wir schaffen die gemeinsame Obsorge auch für jene neue Generation von Vätern, die sich auch nach der Trennung von ihrer Frau um ihre Kinder nicht bloß finanziell sorgen wollen.

Wir wissen, dass es einen massiven Wunsch von scheidungswilligen Eltern gibt, den Trennungsschock für ihre Kinder dadurch zu mindern, dass sie den Kindern Eltern bleiben und sich auch in Zukunft gemeinsam um die Kinder kümmern. (Abg. Mag. Prammer: Ist das verboten gewesen?) Man kann sich vom Partner scheiden lassen, aber man bleibt trotzdem Elternteil. Man scheidet sich nicht von den Kindern, und die Mehrheit der Eltern will auch Eltern bleiben, auch wenn sie sich als Partner trennen.

Alle Experten halten es für unabdingbar notwendig, dass der ungestörte Kontakt zu beiden Elternteilen gegeben ist, um eine gesunde Entwicklung und die künftige Beziehungsfähigkeit der Kinder zu gewährleisten. Wer seinem Kind einreden will, dass der Papa oder, umgekehrt, dass die Mama nach der Scheidung nur böse ist und wer sein Kind mit solchen Feindbildern erzieht, riskiert, dass dieses Kind später selbst in der Beziehungsfähigkeit Probleme bekommt. (Abg. Mag. Prammer: Und das neue Gesetz wird das jetzt ausschließen?!) Wir als Gesetzgeber haben diesem Wissen Rechnung getragen und das Recht des Kindes auf Kontakt mit beiden Elternteilen verankert. Elternegoismen sind dem Kindeswohl unterzuordnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für die linken Feministinnen geht es bei der Obsorge primär um die Macht; die Kollegin Prammer hat das schon erwähnt. (Abg. Binder: Der Katholische Familienverband und die Katholische Männerbewegung ...!) Im "profil" hat Frau Hammerl das auch ausgeführt. – Uns geht es nicht um die Macht, sondern uns geht es um das Recht der Kinder, und die Richter müssen diesem Recht der Kinder, nämlich dem Recht des Kindes auf beide Elternteile, zum Durchbruch verhelfen. (Abg. Edlinger: Absurd!)

Es ist uns natürlich bewusst, dass dieses Recht des Kindes auf ungestörten Kontakt zu beiden Elternteilen in sehr konfliktträchtigen Fällen schwer durchsetzbar sein wird. Richter haben dafür nach dem neuen Gesetz jetzt mehr Möglichkeiten und neue Instrumente. Die Richter können beispielsweise die Besuchbegleitung anordnen, die durch Fachleute der Jugendwohlfahrt wahr


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