Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 168

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18.31

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kinder lieben ihre Eltern und in der Regel beide. Und Kinder brauchen für ihre gedeihliche Entwicklung in der Regel beide Elternteile. Sie brauchen ihre Liebe, sie brauchen ihre Obsorge – und das auch nach der Scheidung. Daraus leitet sich doch wohl ab, dass Kinder ein Recht auf eine kontinuierliche Beziehung zu beiden Elternteilen auch nach der Scheidung haben. (Abg. Mag. Prammer: Was ist da die Regel?)

In Österreich ist das derzeit nicht so. Österreich ist das einzige Land in der EU, das derzeit nach der Scheidung eine Alleinzuteilung der Elternrechte vornimmt und ist somit das Schlusslicht, Frau Kollegin Prammer. Die Opposition klammert sich an diese überholte Regelung, Und, entschuldigen Sie, das finde ich absurd!

Die Opposition will, dass das Verantwortungsgefühl beider Elternteile oder des Elternteiles, der nicht mehr beim Kind wohnt, mit der Scheidung endet. Dabei sollten doch Eltern auch über die Scheidung hinaus die Verpflichtung wahrnehmen, das Scheidungsleid und das traumatische Erlebnis, das eine Scheidung für Kinder bedeutet, hintanzuhalten. Das ist eine Verpflichtung, die Eltern wahrzunehmen haben, und das betrifft viele Kinder. Im Jahre 1998 waren es über 20 000 Kinder, im vergangenen Jahr fast 18 000 Kinder. Und ich frage Sie wirklich, Frau Kollegin Prammer: Was können denn Kinder dafür, wenn sich ihre Eltern nicht mehr verstehen? Die Kinder sind die großen Leidtragenden. (Abg. Edlinger: Was soll man denn machen, wenn sich die Eltern nicht mehr verstehen? – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Prammer und Binder. )

Die Debatte um die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge gibt es in Österreich bereits seit zehn Jahren. Ich selber bekenne mich seit 1992 dazu und spätestens seit der Familienrechtsenquete im Jahre 1993 weiß man und wissen Experten, dass Handlungsbedarf besteht. Da ist eben die Politik aufgefordert, endlich zu handeln, und die neue Regierung tut das. Sie bessert einen Entwurf nach, den bereits der Vorgänger des heutigen Justizministers, Michalek, vorgelegt hat.

Wir wollen eine bessere Weichenstellung, wir wollen eine Weichenstellung, die sich im europäischen Gleichklang befindet, denn die derzeitige Regelung positioniert uns nicht nur als Schlusslicht aller europäischen Länder, sondern sie steht auch im Widerspruch zum Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, Frau Kollegin. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Kennen Sie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention? Oder den Artikel 5 des siebenten Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention? Das steht dagegen. Von den 17 Experten, die gehört wurden, waren nur zwei ausdrücklich und generell gegen den neuen Entwurf.

Er wurde aber auch gelobt, und das sei hier einmal angeführt. Er wurde wegen der Stärkung der Kinderrechte, vor allem für über 14-Jährige, gelobt. Positiv beurteilt wurden die Besuchsbegleitung und die Besuchsrechte Dritter, die neu kommen werden. Positiv vermerkt wurde die Verhinderung der Sterilisation Minderjähriger. Positiv gesehen und gelobt wurde die Mediation, die eingeführt werden soll. Über die Herabsetzung der Volljährigkeitsgrenze von 19 auf 18 Jahre wurde eigentlich gar nicht diskutiert. Es ist sehr bezeichnend, dass der Justizsprecher der SPÖ dieser Debatte gar nicht beiwohnt, denn er hat sich immer dafür ausgesprochen und hat sogar im Justizausschuss gesagt, dass dieser Entwurf sehr viele positive Dinge enthält. Auch das sei hier festgehalten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Prammer und Binder. )

Es gibt allerdings mehrere Experten, die gemeint haben, die ungewollte Automatik des § 177a Abs. 2 wäre zu verändern. Das machen wir. Das machen wir in einem Abänderungsantrag, der gleichzeitig auch die Anregungen der Sachwalterschaft mit einbezieht, die bei diesem Expertenhearing angeführt wurden. Es wird auch die verlangte Begleitstudie geben und es wird – und das ist auch ein persönliches Anliegen von mir – in kurzer Zeit ein klares Berufsbild zur Mediation auszuarbeiten sein.

Und nun zu den oppositionellen Damen, denn anscheinend sind ja nur sie gegen diesen Entwurf und gegen den Machtverlust. Man hat das genau herausgehört. Im Justizausschuss waren zu


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