Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 167

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habe bei diesem Hearing niemanden gehört, der gesagt hätte: Das Gesetz ist super! So wollen wir es!

Was mich auf Grund dieses Hearings am stärksten dazu bewogen hat, den Abänderungsantrag  zu stellen, den ich eingebracht habe und der verteilt wird, war, zu bitten  – zu bitten, betone ich –: Setzen wir diese Regelung für zwei Jahre aus! Das heißt, beschließen wir die Kindschaftsrechtsnovelle, weil viele Dinge enthalten sind, die wichtig sind und die auch den gesellschaftlichen Veränderungen seit der letzten großen Novelle Rechnung tragen, nicht aber in dem Punkt der gemeinsamen Obsorge nach Scheidungen, denn damit gibt es auch noch zu wenig Erfahrungen in vergleichbaren Ländern.

Aus Deutschland, wo eine ähnliche Regelung unter in gewisser Hinsicht ähnlichen, nicht identischen gesetzlichen Rahmenbedingungen eingeführt wurde, ist der Vizepräsident des deutschen Familienrichtertages hier gewesen und hat uns von den Erfahrungen berichtet. (Abg. Dr. Fekter: Die ein Erfolg ist!) Er hat aber selbst gesagt – der Herr Bundesminister hat es auch gehört, dass er das gesagt hat –, es gebe noch keine Evaluierung dieser Erfahrungen, weil es zwar wissenschaftliche Begleitforschung gibt, aber noch keine Ergebnisse. Und das ist es, was wir gerne hätten. Warten wir die Erfahrungen in einem von den gesetzlichen Rahmenbedingungen her vergleichbaren Land ab, und handeln wir dann!

Meine Damen und Herren! Das ist sozusagen das Konstruktive, das sowohl die SozialdemokratInnen – Kollegin Prammer hat es in ihrem Debattenbeitrag bereits ausgedrückt– als auch die Grünen im Sinn haben. Wir sind – und da bin ich jetzt wieder bei der Position von Frau Dr. Fekter – für halbe-halbe. Wir sind dafür, dass es so etwas wie gesellschaftliche Anreize und auch Regelungssysteme dafür gibt, dass das Engagement von Vätern sowohl im familiären Bereich, aber auch durch die beruflichen Rahmenbedingungen so ermöglicht wird, dass sie sich auch tatsächlich einbringen können und ihren Anteil an der Haus- und Familienarbeit auch leisten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es werden immer Äpfel mit Birnen verglichen. Zum Beispiel gibt es in Schweden Regelungen in Richtung Obsorge beider Elternteile nach Scheidungen. Aber in Schweden, meine Damen und Herren, ist die Realität der Familien so, dass 44 Prozent der schwedischen Männer in Karenz gehen. 44 Prozent der schwedischen Männer gehen in Karenz! (Abg. Schwarzenberger: Der Väter wahrscheinlich!) Und 43 Prozent der Zeit, die arbeitende Eltern mit ihren Kindern verbringen, wird von den Vätern erbracht. Wissen Sie, wie viel nach Studien in Österreich die Zeit ausmacht, die arbeitende Väter mit ihren Kindern verbringen? Neun Minuten pro Tag! Das hat Ihnen Kollegin Heindl schon vor Jahren immer wieder gesagt. Aber nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil die Rahmenbedingungen so sind, wie sie sind.

Die Verpflichtung des Gesetzgebers wäre es also, diese Rahmenbedingungen zu ändern, denn – und damit möchte ich auch zum Abschluss kommen – wir wollen nicht gegen die Obsorge beider Elternteile polemisieren oder ideologisieren. Wir wollen, dass sie diskutiert wird, und zwar so diskutiert wird, dass die Befürchtungen nicht wahr werden, die ExpertInnen haben, die schon in der Vergangenheit sozusagen vor Ort mit den betroffenen Frauen gearbeitet haben und auch künftig arbeiten werden, nämlich dass Frauen und Mütter nach Scheidungen noch erpressbarer werden, als sie es schon sind.

Das ist es, was wir befürchten, und deshalb die Bitte: Überlegen Sie es sich noch einmal! Stimmen Sie der Aussetzung dieser beiden Paragraphen zu, damit wir in zwei Jahren – das ist ein Vorschlag – eine Regelung zusammenbringen, die wirklich zum Wohl der Kinder, aber auch zum Wohl der Mütter und Väter ist! Das wäre es, was wir wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.


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