diesem Gesetz letztlich nur vier Gegenstimmen zu vernehmen, denn alle anderen Damen und Herren der Oppositionsparteien haben sich schon früher verabschiedet. Ich möchte Ihnen in Auszügen Expertenmeinungen entgegenhalten. Sie können hereinbrüllen, was Sie wollen, Sie wissen im Grunde genommen genau, dass Sie falsch liegen.
Experte Figdor: Die gemeinsame Obsorge nicht gesetzlich zu regeln, ist absurd. Oder: Die faktische Machtlosigkeit der Männer ist es, die derzeit die Konflikte schafft. – Expertin Twaroch. Oder Haller: Eltern wollen die gemeinsame Obsorge. Weiter: Ein Viertel bis ein Drittel der Kinder haben derzeit keinen Kontakt mehr zum getrennt lebenden Elternteil. Der einjährige Einbruch, den Sie verlangen, ist schädlich, das wird ausdrücklich betont. Es würde ein Entfremdungssyndrom auftreten. (Abg. Dr. Jarolim: Wer hat das gesagt?) Das war Frau Dr. Twaroch, die das gesagt hat. Ich habe mitgeschrieben, ich habe so viele Seiten mitgeschrieben (die Rednerin hebt ihre Unterlagen in die Höhe), Herr Kollege Jarolim! Auch der Familienrechtsexperte Deisenhofer aus Deutschland, der sich seit 1977 mit Familienrecht befasst, hat vor den Gefahren dieses Entfremdungssyndroms gewarnt. Und er hat auch Folgendes gesagt, Frau Kollegin Prammer: Eine gute Mutter muss es zulassen, dass das Kind auch den Vater behalten darf. (Abg. Mag. Prammer: Und was ist mit dem guten Vater, wenn er sich nicht mehr blicken lässt?) Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Aussage.
Er hat aber auch gesagt, dass es sehr positive Auswirkungen der deutschen Gesetzesregelung gibt: 80 Prozent der Scheidungseltern stellen keinen Antrag auf getrennte Obsorge, 10 Prozent machen das in Übereinstimmung und nur mehr 5 Prozent der Fälle in Deutschland sind strittig. In Frankreich ist der Prozentsatz noch höher. Und er hat auch wortwörtlich gesagt, er sei fest davon überzeugt, dass das österreichische Modell noch besser ist als das deutsche.
Eines hat sich bei diesem Expertenhearing und auch bei Ihren heutigen Ausführungen herausgestellt: Das Frauenbild, das Sie zeichnen, Kollegin Prammer, ist überholt. Das ist ein Frauenbild der Unmündigkeit, die es de facto nicht mehr gibt. Auch die Väter bringen sich in den letzten Jahren verstärkt in die Obsorge bei den Kindern ein, und ich sehe nicht ein, dass man das verhindern soll. Die Rückkehr zur unbefriedigenden Rechtslage vor dem Jahre 1977 ist auch wissenschaftlich widerlegt, nachzulesen in der "Österreichischen Juristenzeitung".
Da es in allen europäischen Rechtsordnungen die Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge gibt und das gemeinsame Sorgerecht als Regelfall als die beste Lösungsmöglichkeit in ganz Europa gilt, muss ich Sie fragen: Ist Österreich da wirklich anders? Ich bin mir sicher, dass die neue Regelung eine große Akzeptanz in der Bevölkerung finden wird, und ich vertraue in diesem Fall wie auch in anderen Fällen auf die bewusstseinsbildende Funktion der neuen Gesetzgebung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
18.40
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Genossen, der von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits in den Kernpunkten erläutert wurde, verteilt wurde und mit in Verhandlung steht.Der Antrag hat folgenden Wortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Maga Terezija Stoisits, Maga Barbara Prammer, Freunde und Freundinnen betreffend die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001, 296 der Beilagen, XXI GP), in der Fassung des Ausschussberichtes (366 der Beilagen)