Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 202

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Aber dass man mir jetzt vorhält, dass andere und ich, dass niemand außer der Antragstellerin es für sinnvoll oder für notwendig oder für angezeigt gehalten habe, sich zu einem bestimmten Thema zu äußern, das erscheint mir wirklich unzulässig. Der Abgeordnete darf reden, der Abgeordnete soll zu Themen, zu denen es wichtig ist, zu reden, auch reden, aber dass der Abgeordnete reden muss, das wäre neu und ist nicht vertretbar.

Ich darf nur einige wenige Sätze – ich weiß nicht, wie lange ich Zeit habe – zu den Themen, die jetzt zur Diskussion stehen, anbringen. Zunächst zur Problematik des Strafvollzuges. Ich persönlich glaube, dass der österreichische Strafvollzug in seiner Mittellage zwischen Strenge und Härte auf der einen Seite und Liberalität und Humanität auf der anderen Seite ein recht ausgewogenes Dasein führt.

Dass die Freiheitsstrafe nicht der Weisheit letzter Schluss ist und auch nicht sein kann, wissen wir alle. Aber es ist noch niemandem etwas Besseres eingefallen, was auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entsprechen würde.

Ich wünsche mir keinen wesentlich lockereren Strafvollzug, so wie er in einigen anderen Ländern gang und gäbe ist, sodass man den Eindruck hat, in irgendwelchen Anstalten haben nicht mehr die dortigen Vertreter der Behörde das Sagen, sondern in Wirklichkeit schon die Häftlinge. Ich wünsche mir auch keinen strengeren Strafvollzug, denn man kann heute jede Anstalt so dicht machen, dass niemand mehr hinaus kann und dass man verbotener Weise auch nichts mehr hinaus und hinein transportieren kann. Aber das führt dann zu den explosionsartigen Vorgängen, wie man sie manchmal im Fernsehen etwa über südamerikanische Gefängnisse sieht. Wenn nämlich der Häftling den Eindruck hat, dass er nicht einmal theoretisch die Möglichkeit hat, irgendetwas zu unternehmen, was gegen die Regeln ist, dann macht er sich Luft, indem er irgendwann einmal einen Wärter als Geisel nimmt oder die Matratze in seiner Zelle und damit den ganzen Trakt anzündet.

In Österreich ist die Strafrechtspflege, so glaube ich, doch vernünftig in der Mitte des Geschehens angesiedelt. Wir kommen mit der Vorlage zu einer deutlicheren Verrechtlichung und auch Verrichterung der Vorgänge im Strafvollzugsbereich. Das mag den Bedürfnissen nach mehr Rechtsstaat entsprechen, auch den Vorgaben, die wir aus internationalen Bereichen erhalten, aber ob es für die tägliche Praxis tatsächlich gescheiter ist, das wage ich zu bezweifeln. Kollege Pendl wird vielleicht ähnlicher Ansicht sein, dass es manchmal gescheiter ist, die Entscheidung in der Anstalt zu halten, als sie hinausgehen zu lassen – nicht nur gescheiter im Interesse der Anstaltsleitung, sondern sehr häufig auch im Interesse der Insassen der Anstalt. Meistens haben nämlich jene, die von außen hineinschauen, nicht wirklich eine Ahnung von dem, was drinnen vorgeht, sonst würde sich in der Strafrechtspflege manches anders abspielen.

Noch zu zwei der drei anderen Vorlagen. Ich glaube, dass die Ausdehnung des Verhetzungsparagraphen systemwidrig wäre. Der Verhetzungsparagraph ist seinerzeit vor allem aus der Überlegung heraus eingeführt worden, dass es eine Gruppenklage, eine Gruppenehrenbeleidigungsklage nicht gibt. Ich bin immer dafür eingetreten, dass jeder Angehörige einer beleidigten Gruppe das Recht haben soll, einfach mit einer Privatanklage wegen Ehrenbeleidigung oder Ähnlichem vorzugehen. Das einzuführen hat sich der Gesetzgeber nicht entschließen können. Die Konsequenz war der Verhetzungsparagraph. Aber wenn man jetzt die Lex Knoll einführen möchte, nämlich dass einzelne Repräsentanten von Gruppen nicht nur ihr Klagerecht haben, sondern sozusagen auch unter den Offizialparagraphen fallen sollen, dann, glaube ich, ist das systemwidrig. Wenn eine Gruppe, die zu groß ist, um selber jedem einzelnen Mitglied die Möglichkeit einer Privatanklage zu geben, durch Hetze betroffen ist, dann soll der diesbezügliche Paragraph des Strafgesetzbuches gelten. Wenn es Einzelpersonen sind, dann können sie klagen. Aber hier eine Duplizität einzuführen, das ist nicht notwendig und wäre systemwidrig.

Ich bin auch dagegen, dass man an einen Paragraphen rührt, der zugegebenermaßen selten angewendet wird, aber doch geeignet erscheint, die Gefühle der gläubigen Menschen in der einen oder anderen Richtung zu berühren, wenn er von der Abschaffung bedroht ist. Vielleicht wäre es in der Praxis gar nicht sehr bedeutungsvoll, aber es würde viel hineingeheimnist werden, wenn man sich entschlösse, jetzt einerseits die Herabwürdigung religiöser Symbole und


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