Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 231

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Ist es nicht unchristlich, meine Damen und Herren von der ÖVP, Gesetze nicht zu reparieren, die zigfach traurige Fallbeispiele wie das folgende aus Innsbruck provozieren?

Es geht um eine türkische Familie: Der Vater arbeitet und lebt seit zehn Jahren in Österreich, die Ehefrau und Mutter konnte mit einem Kind vor drei Jahren ebenfalls nach Österreich übersiedeln. Die zweite Tochter muss bei einer Tante in der Türkei leben, weil sie bei Erledigung des Antrages auf Familienzusammenführung gerade etwas älter als 14 Jahre war. – Auch das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ein Akt christlicher Humanität, hier Abhilfe zu schaffen! Ich sage das auch im Zusammenhang mit dem vor kurzem beschlossenen Gesetz, bei dem Sie sich auch sehr um das Kindeswohl bemüht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Überfallsartig wurde nun auch noch die Zusammenlegung des Integrations- und Asylbeirates in den Abänderungsantrag hineinformuliert, ohne Absprache mit den betroffenen Körperschaften und ohne Absprache mit den betroffenen nichtstaatlichen Organisationen. Es ist geradezu zynisch, dass in der Begründung behauptet wird, dass diese Gesetzesänderung eine Forderung dieser Organisationen sei. Caritas und Evangelische Diakonie beklagen sich deshalb auch sehr, weil die Gewichtung im neuen Beirat für Asyl- und Migrationsfragen ganz anders, nämlich regierungslastig, aussehen wird.

Waren bis jetzt im Integrationsbeirat 38 Prozent der Mitglieder von nichtstaatlichen, kirchlichen und humanitären Organisationen, so wird ihr Einfluss im neuen Beirat auf 18 Prozent mehr als halbiert. (Abg. Jung: Das ist ja ohnehin nur ein Beirat!) Der Einfluss derjenigen, die sich eigentlich beraten lassen sollten, Herr Abgeordneter Jung, steigt überproportional. Ich frage mich, wozu man noch einen Beirat, der eigentlich die Bundesregierung beraten sollte, benötigt, wenn in diesen Beirat eine Mehrheit von zwölf Mitgliedern vom Bund, von den Ländern und den Gemeinden entsandt wird! Sechs Mitglieder sind von den Ministerien und beraten sich dann überhaupt selbst – oder wie soll das aussehen?

Sehr geehrte Damen und Herren! Der dadurch wirklich entwertete Beirat verdient diesen Namen nicht mehr! Aber es kommt noch dicker, denn wenn es nach dem Willen der Regierungsparteien geht – beziehungsweise Sie, Frau Dr. Partik-Pablé, haben das im Innenausschuss gesagt –, dann soll auch der ÖGB noch aus diesem Integrationsbeirat herausverhandelt werden! Sie haben hingegen nichts davon gesagt, dass vielleicht auch die Industriellenvereinigung herausgenommen werden soll. (Abg. Jung: Oja!) Haben Sie nicht! Ich habe ganz genau zugehört! Ich bin nicht schwerhörig! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, schon vorher haben wir das! Koalitionsintern!)

Sie haben gesagt, der ÖGB gehört aus diesem Beirat heraus, und das ist für mich völlig unverständlich! Der ÖGB-Vertreter kennt sich nämlich am Arbeitsmarkt bestens aus! (Ruf bei der ÖVP: Das sagt er!) Er kennt die Verträglichkeit der Migration und kennt wie kaum jemand anderer den Arbeitsmarkt.

Daher, sehr geehrte Damen und Herren, glaube ich, dass die von Ihnen vorgeschlagene Lösung, in der es zu einer Zusammenlegung des Beirates auch gegen den Wunsch der Organisationen kommen soll, eine mehr als schlechte Lösung ist!

Zum Schluss möchte ich noch ganz eindringlich davor warnen, mit einer parlamentarischen Mehrheit ständig wie ein Panzer über alle Minderheitsmeinungen hinwegzufahren. Ich warne ganz eindringlich vor den Konsequenzen, die zu erwarten sind, wenn ganze Bevölkerungsgruppen ständig gegeneinander ausgespielt werden, wenn deren Vertreter nicht mehr angehört werden. Wer das auf Dauer tut, zündelt im Gebälk dieser Republik! Ich warne davor! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Das haben Sie aber lange gemacht! 30 Jahre!)

22.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

22.42

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vorliegenden Novelle reagiert der Gesetzgeber rasch und auch in


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