Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 45. Sitzung / Seite 22

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hier in einem Satz behauptet wird, dass es in diesem Bereich eine Abstimmung gäbe. Ich kann Ihnen sagen, dass die Diskussion über die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin Österreichs, ein wichtiges, unverzichtbares Projekt – seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten soll das erste Mal in Österreich eine umfassende sicherheitspolitische Grundsatzdiskussion über die Zukunft auch der Aufgabenbereiche des österreichischen Bundesheeres geführt werden –, hier in Österreich geführt wird und dass wir uns mit niemandem in diesem Bereich abzustimmen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Pilz, bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! In den "Defense News", die dem Pentagon nahe stehen und von offiziellen Erklärungen aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium leben, wird auf die Erklärung eines österreichischen Diplomaten verwiesen – ich habe rückgefragt: eines Vertreters der österreichischen Botschaft –, der gesagt hat, es gebe eine Entscheidung in Wien, eng zusammen mit den Beamten des amerikanischen Verteidigungsministeriums die Militärdoktrin zu überarbeiten, und zwar als Wink, Hinweis an die NATO, dass man stärker in NATO-Strukturen eingebunden werden will und dass man die österreichische Verteidigungsdoktrin der NATO-Verteidigungsdoktrin anpassen will. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Frage! Frage!)

Sie haben selbst mehrere Male ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Frage!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Sie haben selbst einige Male öffentlich erklärt, dass Sie für den NATO-Beitritt sind. Warum, Herr Bundesminister für Landesverteidigung, halten Sie es angesichts Ihrer Erklärungen pro NATO für notwendig, öffentlich noch abzustreiten, dass die österreichische Militärdoktrin jener der NATO angepasst werden soll?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Abgeordneter! Ich brauche überhaupt nichts abzustreiten, sondern ich habe hier klar und deutlich festgestellt, dass es darum geht, eine neue österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin zu erstellen – eine österreichische Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin.

Es stimmt ja auch nicht, was in diesem Artikel geschrieben wird, nämlich dass bereits mit Jahresende diese Arbeiten abgeschlossen werden sollen. – Meine Initiative zu dieser Diskussion war vom letzten Mai, und wir haben uns vorgenommen, diese Diskussionen etwa im Zeitraum eines Jahres zu führen. Es sollen jetzt einmal Experten – ich sage hier noch einmal, das ist eine ganz kleine Arbeitsgruppe von Experten im Bereich des Bundeskanzleramtes, des Vizekanzleramtes, des Außenamtes und des Verteidigungsministeriums – einen Entwurf für diese Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin erarbeiten. Dann wird es selbstverständlich eine breite Diskussion mit allen politischen Vertretern, aber auch mit der Öffentlichkeit geben, und dann wird diese Verteidigungsdoktrin der Bundesregierung, aber auch dem Parlament vorgelegt. – Das sind die Entscheidungskriterien.

Dass selbstverständlich, Herr Abgeordneter Pilz, eine Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin Österreichs das Rahmenbild beurteilen muss, dass wir keine Insel der Seligen sind, wie das vielleicht manche Politiker der Vergangenheit geglaubt haben, ist auch klar. Im Rahmen dieser sicherheitspolitischen Lageanalyse muss man natürlich beurteilen, wie sich die Lage in Europa, wie sich die Lage rund um Europa entwickeln wird, wie die sicherheitspolitische Konzeption der USA beim Engagement bei internationalen Einsätzen aussieht, wie die Entwicklung etwa im Bereich Russlands und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion aussieht. – Das sind Bereiche, die in die sicherheitspolitische Beurteilung einfließen, aber der Analyseteil und die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, sind überhaupt noch nicht andiskutiert, sondern werden auf Grund dieser sicherheitspolitischen Analyse dann erstellt und in einer breiten Gruppe diskutiert werden.


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