Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 45. Sitzung / Seite 46

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Oder: Herr Khol sagte beispielsweise in der Öffentlichkeit: Wir haben gesagt: keine Erhöhung von Steuern und Abgaben! Wir haben uns dazu bekannt, die Staatsquote abzusenken. Steuervorschläge sind typisch sozialistische Vorschläge, die die Steuerquote nicht senken, sondern erhöhen! – Das ist das Gesagte, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aber was tun Sie wirklich in diesem Zusammenhang?

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, und zwar im Zusammenhang mit der "Kälte", von der ich gesprochen habe: Man kann natürlich, wenn man ein politisches Profil hat, Maßnahmen umsetzen, aber es kommt immer auch darauf an, wie das von den Bürgern interpretiert wird, die natürlich auch wissen wollen, wie die Empfindung der dabei handelnden Personen ist. Und dazu sage Ihnen, sehr geehrter Herr Finanzminister, Folgendes: Was mich wirklich persönlich extrem betroffen hat, war die Tatsache – und man konnte das in der Presse lesen –, dass Sie im Klub der Freiheitlichen anlässlich der Studentendemonstrationen gegen die Studiengebührenerhöhungen wörtlich gesagt haben: Über die Proteste der Studenten gegen die Studiengebühren bin ich amüsiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! In dieser Bemerkung kommen zum Ausdruck die gesamte Überheblichkeit und die Kälte gegenüber Menschen, die sich schwertun, und zwar von jemandem, der nie in seinem Leben in irgendeiner Weise persönlich finanzielle Probleme hatte. Doch das ist der Geist, mit dem Sie Politik in diesem Lande machen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der SPÖ.) Gegen die sozial Schwachen, gegen jene, die in Form von redlicher Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, wird von Ihnen Politik gemacht!

Sehr geehrter Herr Stummvoll! Sie sagten, 92 Gesetze würden den Reformstau und den Reformwillen dieser Bundesregierung beweisen. Dazu darf ich Ihnen sagen: Es kommt schon auf den Inhalt der Gesetze an! Wenn Sie die sozialpolitische Realität dieses Landes demolieren wollen, wenn Sie dieses Land, das in 30 Jahren sozialdemokratischer Regierungsführung von einem Hinterhofland Europas zu einem der reichsten Länder der Welt mit einem hohen sozialen Standard geworden ist, demontieren wollen, dann werden Sie wahrscheinlich noch mehr als 92 Gesetze brauchen, weil wir in diesem Land ein dichtes soziales Netz geknüpft haben und dabei sehr viel soziales Feeling haben einfließen lassen. Das trägt die Handschrift sozialdemokratischer Politik, und das versuchen Sie nun, in ganz kurzer Zeit zu demolieren, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien.

Ich muss mich schon sehr wundern, sehr geehrter Herr Stummvoll, dass Sie sich da herstellen und eigentlich geistige Bücherverbrennung betreiben. Ich bekenne mich zu jeder Phase meiner politischen Tätigkeit, und ich bin seit 32 Jahren im politischen Mandat. Sie nicht, Herr Stummvoll! Sie waren von 1988 bis1991 Finanzstaatssekretär. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie waren roter Finanzminister!) Wissen Sie, was in dieser Zeit passiert ist? – Sagen Sie mir jetzt nicht, Sie wären ein "kleines Würstel" gewesen! Sie waren ein Staatssekretär, der wichtigste Finanzpolitiker der Österreichischen Volkspartei in dieser Zeit!

Der Schuldenstand der Republik Österreich betrug bei Ihrem Regierungseintritt 697 Milliarden Schilling, und als Sie die Regierung verlassen haben, machte er 692 Milliarden Schilling aus. Es ist Ihnen gelungen, in nur drei Jahren Ihrer Aktivität als Staatssekretär 300 Milliarden Schilling Schulden anzuhäufen. Das sind täglich 220 Millionen Schilling, solange Sie in der Himmelpfortgasse gesessen sind. Gott sei Dank sind Sie dort nicht lange gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Aussagen widersprechen den Fakten, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien. Da stellen sich die Regierungsmitglieder hin und sagen, es werde keine Steuererhöhungen geben. – Das ist doch grundsätzlich falsch! Nur einige Beispiele: Energiesteuer, Kfz-Steuer, Unfallrenten, Kürzung der Absetzbeträge, Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen. Allein mit dem heutigen Gesetz erhöhen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einnahmen um 30 Milliarden Schilling. Sie sagen doch, ausgabenseitig tun Sie etwas! Ergebnis: nur 3 Milliarden Schilling. Eins zu zehn ist das Verhältnis bei dieser Materie, die wir jetzt und heute hier beschließen.


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