Die reale Alternative heute ist der Ist-Stand. Der Ist-Stand ist in meinen Augen jedoch keine Alternative, weil der Ist-Stand nicht das verkörpert, was ich mir demokratiepolitisch, rechtsstaatlich vorstelle. Der Ist-Stand hat auf der einen Seite auf die Ausgrenzung beziehungsweise auf den Ausschluss aus der demokratiepolitischen Willensbildung aufgebaut, und zwar in hohem Maße motiviert durch finanzielle Überlegungen, und auf der anderen Seite wurde Jugendarbeit immer nur zusammen mit dem Verteilungskampf um das vielleicht zu wenig vorhandene Geld gesehen. Angesichts dessen ist es schon ein Quantensprung, wenn man zumindest einmal eine gesetzliche Basis dafür schafft, dass es auf gesetzlichem Wege beziehungsweise durch niedergeschriebene Normen nicht zu einer Ausgrenzung kommt, sondern dass nunmehr Teilnahme und Mitarbeit anstelle von Ausgrenzung zum Prinzip erhoben wurden, dass Jugendarbeit insofern Rechtsstaatlichkeit, aber auch eine Demokratisierung erfährt. Das alleine ist schon ein ganz wichtiger Schritt!
Als ich hörte, dass man viele Jahre intensiv daran gearbeitet hat, musste ich etwas lachen. Man hat zwar vielleicht auch auf Grund der Mehrheitsverhältnisse politisch immer viel darüber debattiert, auch hier im Hohen Haus, aber man hat nicht wirklich gearbeitet oder Umsetzungen erreicht. Auch die Jugendorganisationen widmeten sich eher den Verteilungskämpfen und der Frage, wie man sich die Konkurrenz vom Leib hält, damit man den Kuchen nicht mit mehreren teilen muss. In diesem Zusammenhang war Ausgrenzung durchaus ein probates Mittel und spielte da mit. Man hat also eigentlich auch nicht das Animo gehabt, wirklich Änderungen herbeizuführen, weil dies doch unter Umständen zu einer Schmälerung der eigenen finanziellen Basis hätte führen können. Das war doch immer da, und das war der Ist-Stand, und diesen haben wir mit diesen beiden Gesetzen zumindest einmal in wesentlichen Teilen, so sage ich, beendet.
Die Demokratisierung ist mir wichtig, sie ist ein ungemein hohes Gut. Auch die Rechtsansprüche, die in diesen beiden Gesetzen verankert sind, sind ein hohes Gut. Ich bin zwar kein Freund der Basisförderung, doch gab es realistischerweise keine Alternative, denn sonst hätte es hier im Hohen Hause überhaupt keine Mehrheiten gegeben.
Aber freiheitliche Handschrift konnte insofern verwirklicht werden, als auch bei der Basisförderung ein zwingend vorgeschriebener Teil der Projektförderung vorgesehen ist und damit zumindest in diese Richtung der richtige Weg gegangen wird. Viele andere gute Anregungen sind noch gekommen, die man durchaus alle einzubauen versucht hat.
Ich glaube, dass das ein Quantensprung in der Jugendarbeit ist, und den haben wir geschafft. Wer heute nicht mit an Bord ist, der hätte eigentlich nur eines gewollt, nämlich den Ist-Zustand fortschreiben, oder er hätte eine ganz utopische Forderung aufgestellt in dem Wissen, dass man hier in diesem Hohen Haus keine Mehrheit dafür findet.
Ich meine, man muss sich jetzt einmal die Jugendvertretung und die Jugendförderung im nächsten Jahr genau anschauen, um zu sehen, wie sich das entwickelt, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Die Jugendvertretung baut ja auch in ihren gesetzlichen Bestimmungen da- rauf, dass man miteinander etwas machen muss und nicht gegeneinander oder in ausgrenzender Weise vorgeht, etwa durch rotierende Vorsitztätigkeit und so weiter und so fort, und sie verleiht der Jugend vielleicht erstmalig ein Sprachrohr, sodass man dann weitere Dinge, die für die Jugendarbeit durchaus notwendig sind – der Herr Sozialminister hat es ja auch schon gesagt; es gibt dort und da auch gute Ansätze –, besser durchsetzen kann.
Ich bin immer ein Anhänger einer Senkung des Wahlalters gewesen, weil ich die höchstpersönliche Erfahrung gemacht habe, dass man nur dann wirklich gehört wird, wenn man auch Stimme hat. Das ist das einzige Mittel, dass man gehört wird, also muss man demjenigen, den man hören möchte, Stimme verleihen.
Ich bin enttäuscht von vielen Jugendorganisationen, die sich permanent gegen eine Senkung des Wahlalters aussprechen. Zum Teil tut dies auch die Jugendorganisation in unserer Partei. Daher müssen wir jetzt Überzeugungsarbeit leisten – alle miteinander –, denn es sind immer die gleichen Argumente, wenn es darum geht, irgendeine Bevölkerungsgruppe vom Wahlrecht aus