Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 35

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den 23. Jänner herum geboren wurde, wie wir inzwischen wissen (Abg. Dr. Mertel: Chirac!), die Sie unterstützt haben, indem Sie mit den Leuten, die uns verhöhnt haben, auch noch Champagner getrunken haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie wollten unsere Regierung als nicht legitim darstellen! Sie wollten sie isolieren! – Wir aber haben diese Zeit in Würde und Anstand bestanden und sind als moralische Sieger aus diesem Konflikt hervorgegangen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das war der erste Anlauf – er ist gescheitert!

Der zweite Anlauf war: "Widerstand, Widerstand! Schüssel – Haider an die Wand!" – Sie erinnern sich? (Abg. Dr. Puttinger: Unglaublich!) Da sind Sie mitgegangen! Bei diesen Demonstrationen haben Sie behauptet, dieser Spuk der neuen Regierung werde in drei Wochen weg sein! (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Der Spuk der Demonstrationen war in drei Wochen weg! Unsere Regierung steht, und sie steht stärker als je zuvor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Gusenbauer! Auch Ihr dritter Anlauf muss scheitern. Sie haben in der "Pressestunde" gesagt: Die Regierung ist nicht legitim, weil sie nicht gewählt ist, weil sie kein Mandat des Volkes hat und weil sie sich selbst eingesetzt hat. (Ruf bei der SPÖ: Das ist richtig! Stimmt!)  – Sie unterstellen uns damit faktisch, wir hätten die Macht in diesem Land usurpiert. (Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich!) Ja wo sind wir denn? Die Macht in diesem Land kommt aus den Wahlurnen und nirgendwoanders her! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr: Sie haben gesagt, Sie gehen in Opposition ...!)

Herr Gusenbauer! Als Jurist müssten Sie wissen, dass keine Bundesregierung in diesem Land direkt gewählt ist und keine Regierung dieses Landes ein Direktmandat des Volkes hat. Sie ist vom Herrn Bundespräsidenten eingesetzt und nicht vom Misstrauen des Nationalrates gestürzt. Eine solche Regierung ist legitim, sie hat das Vertrauen des Volkes, sie steht auf dem Boden unserer Bundesverfassung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Gusenbauer! Sie verlangen eine Volksabstimmung zur Bestätigung des Kurses einer Regierung? Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie und auch Ihr stellvertretender Parteivorsitzender, der diese Meinung ebenfalls vertreten hat, die grundlegende Position der sozialdemokratischen Programmatik verlassen haben. Ich habe mit Ihrem Stellvertretenden Parteivorsitzenden, Herrn Präsidenten Fischer, stundenlang über eine Regierung verhandelt, gerade in Hinsicht auf den Stellenwert der direkten Demokratie. Er hat mir immer gesagt: Wir Sozialdemokraten stehen auf dem Boden der repräsentativen Demokratie!

Wir haben über Finanzgesetze gesprochen, die man nicht einer Volksabstimmung unterziehen könne. (Abg. Dr. Niederwieser: Habt ihr über die Studiengebühren auch gesprochen, die ihr vorher abgelehnt habt?) In der nicht zustande gekommenen Regierungsvereinbarung mit Ihnen ist dies genau festgehalten.

Ich nehme also zur Kenntnis: Sie haben in einer großartigen Phantasie diese Programmatik der SPÖ über Bord geworfen. Sie wollen jetzt die Direktwahl der Regierung, und Sie sind für die Bestätigung von Finanzgesetzen durch Volksabstimmung.

Wir nehmen diesen Kurswechsel zur Kenntnis, Herr Gusenbauer. Aber sind Sie sich eigentlich dessen bewusst, dass Sie damit die Dritte Republik nacherfinden, die Sie immer abgelehnt haben? (Abg. Mag. Posch: So ein Unsinn!) Genau das war doch das Konzept der Dritten Republik: Direktwahl des Bundeskanzlers, Wahl der Regierung, direkte Demokratie in wichtigen Teilen. (Abg. Mag. Posch: Da kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen!)

Ich kann dazu nur Shakespeare zitieren, bei dem es heißt: "Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode." (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Das sagt Polonius in "Hamlet", wenn Sie es genau wissen wollen.


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