Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 36

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Die von der Nationalratsmehrheit getragene Bundesregierung sei nicht legitim, meinen Sie. (Abg. Mag. Posch: Khol, der "große" Verfassungsschützer, der "Hüter" der österreichischen Bundesverfassung!) Die von einer christdemokratischen Partei mit einer Partei rechts der Mitte gebildete Regierung ist nicht legitim und muss vom Ausland her bekämpft werden. (Zwischenruf des Abg. Grabner.  – Abg. Mag. Posch: Der große Verfassungspatriot!) Aber eine von Ihnen geführte Minderheitsregierung ohne Mehrheit in diesem Haus, die wäre legitim? Sie haben sie ja angestrebt! (Abg. Haigermoser: So ist es!)

Eine Regierung mit Marxisten, wie es die italienischen Kommunisten waren und sind, und wie es die französischen Kommunisten waren und sind – die in beiden Ländern in der Regierung vertreten sind! –, das sind Ihre Freunde, die sind legitim!? – Jetzt wissen wir die Lösung des Rätsels: Was ist legitim? – Legitim ist eine Regierung nur dann, wenn die Sozialdemokraten darin den Bundeskanzler stellen! Das ist Ihre Legitimität! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nicht die Sozialistische Internationale entscheidet darüber, welche Regierung wir in Österreich haben. Es wird auch nicht so sein, dass Sie, Herr Gusenbauer, sagen können, dass nur eine solche Regierung legitim ist, in der Sie – quasi mit einer Zauberformel, indem Sie eine andere Partei für nicht regierungsfähig erklären – den pragmatisierten Bundeskanzler stellen. Damit ist Schluss! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Van der Bellen! Sie haben heute hier im Hohen Haus Ihre Schokoladenseite gezeigt. Ich bin mit vielem von dem, was Sie zu den Staatsfinanzen gesagt haben, einverstanden (Abg. Mag. Posch: Der kennt sich aus im Unterschied zum Finanzminister!) und finde es bemerkenswert, wie differenziert Sie sich von Ihrem größten Konkurrenten, den Sozialdemokraten, abgesetzt haben. (Abg. Dr. Niederwieser: Danke, Herr Oberlehrer!) Inhaltlich haben Sie ihnen den Rang bereits abgelaufen. Sie sind, was die Gedanken zu den Staatsfinanzen betrifft, jetzt die größere Oppositionspartei. Das wollte ich Ihnen nur sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Heute bist du aber sehr schwach!)

Aber ich möchte auch die Schattenseite ansprechen, nämlich die Um schreibung der Geschichte unserer Heimat, Herr Professor Van der Bellen. Die werden wir nicht hinnehmen! Ich wende mich bezüglich dieser Frage: Was war 1938 (die Abgeordneten Dr. Fischer und Dr. Van der Bellen: Und vorher!) in unserem Land? jetzt an Sie, Herr Professor Van der Bellen, und an die Sozialdemokraten.

Einige Punkte seien einmal außer Streit gestellt: 1938 war eine Mehrheit der Österreicher gegen den "Anschluß", und viele, viele von ihnen starben in den SS-Vernichtungslagern. (Abg. Dr. Niederwieser: Austrofaschismus! Reden wir einmal darüber!)

Zweitens: 1938 begrüßten viel zu viele Österreicher den "Anschluß", viel zu viele wurden Teil der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschine und haben Schuld auf sich geladen! (Abg. Schieder: Weiß das auch der Schüssel?)

Drittens: 1938 wurde Österreich als unabhängiger Staat ausgelöscht, gegen den Willen seiner Regierung, gegen den Willen der Mehrheit seines Volkes, mit Gewalt. Österreich ist daher Opfer der nationalsozialistischen Aggression geworden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Viertens: Die Alliierten haben das vor dem Ende des Krieges ebenso anerkannt wie die vier Staatsvertragsmächte und die Vereinten Nationen.

Ich war im Jahre 1991 selbst hier im Nationalrat – ich saß noch ein bisschen weiter hinten –, als Bundeskanzler Franz Vranitzky unter dem Applaus von ÖVP und SPÖ – "lebhafter Applaus von SPÖ und ÖVP" – eine Rede gehalten hat. Darin finden sich die gleichen Elemente, wie ich sie vorher zitiert habe: Viele haben Widerstand geleistet, nicht wenige Österreicher haben im Namen dieses Regimes großes Leid über andere gebracht. Es sei unbestritten, so Vranitzky, dass Österreich im März 1938 Opfer einer militärischen Aggression mit Hunderttausenden


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