Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 99

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Wünscht ein Berichterstatter das Wort? – Dies ist nicht der Fall.

Somit gehe ich in die Rednerliste ein. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

15.41

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selten passen zwei Tagesordnungspunkte so gut zueinander. Selten geht es in beiden Punkten auch um Fragen der Außenpolitik.

Die Jahre 1933 bis 1938 sind ja auch ein Beispiel dafür gewesen, wozu eine falsche Außenpolitik führen kann. Dies zeigte sich an der Problematik des Ausrichtens der österreichischen Außenpolitik auf Italien. Als es dann zum Accordin zwischen Italien und Deutschland kam, stand man vor den Trümmern der Außenpolitik, und es bestand keine Chance mehr, etwas zu tun, weil man sich nicht zur rechten Zeit auf den Westen hin orientiert hatte.

Dies war in Wirklichkeit auch mit ein Grund dessen, was wir heute diskutieren. Die Lehre daraus muss sein, dass die Außenpolitik gemeinsam getragen und nach Grundsätzen gestaltet werden soll, die das Beste für ein Land garantieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Ich bin all jenen sehr dankbar, die gesagt haben, man soll bei der politischen und der geschichtlichen Wahrheit bleiben. Herr Abgeordneter Tancsits hat zu Recht davon gesprochen – er hört mir leider nicht zu, aber vielleicht liest er es dann im Protokoll –, dass die Sozialdemokratie lange, wahrscheinlich fälschlicherweise und in einem hohen Ausmaß auch problematisch dem Gedankengut Deutschösterreich nachgehangen ist, bei der Auflösung der Monarchie und bei der Frage, ob dieser Rest allein lebensfähig ist oder nicht.

Aber der Vorwurf, dass erst nach dem Kriege Lehren daraus gezogen wurden, stimmt geschichtlich nicht, Herr Abgeordneter. Es war 1933, als Hitler die Macht in Deutschland ergriffen hatte – 1933 war es, als die österreichische Sozialdemokratie den "Anschluß"-Artikel aus ihrem Parteiprogramm gestrichen hat! Das ist die geschichtliche Wahrheit, Herr Abgeordneter Tancsits! (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schieder! Wir lassen immer ein paar einleitende Sätze zum vorigen Thema zu. Ich bitte aber, dann zum Budgetthema überzuleiten. – Bitte. (Abg. Mag. Kukacka: Aber Renner war für den "Anschluß"! Otto Bauer auch! Das muss man auch dazusagen!)

Abgeordneter Peter Schieder (fortsetzend): Herr Präsident! Ich muss Ihnen folgen und zur heutigen Außenpolitik kommen.

Meine Damen und Herren! Das Ende der Maßnahmen der 14 hat für die österreichische Außenpolitik die Chance und gleichzeitig die Verpflichtung gebracht, verlorene Positionen zurückzugewinnen und außenpolitisch in ganz Europa wieder Vertrauen aufzubauen. Wir haben uns hier im Haus zu dieser gemeinsamen Aufgabe bekannt und darauf hingewiesen, dass wir dazu bereit sind, dass dies aber keine Einbahnstraße sein kann. Mit eingebunden zu sein bringt selbstverständlich Pflichten, auch für eine Oppositionspartei, aber mit eingebunden zu sein, bringt auch Rechte.

Dazu gehört zum Beispiel das Recht, vorher konsultiert und nicht bloß nachher informiert zu werden. Ich glaube, oder sagen wir so: Ich hatte die Hoffnung, dass die viel beschworene gemeinsame Außenpolitik trotz aller Unterschiede, trotz aller Kritik an dieser Regierung nun für eine gewisse Zeit zur Behebung der Schäden in Europa wirklich gemeinsam sein könnte. Eine gemeinsame Außenpolitik ist nämlich nicht bloß eine gleiche Außenpolitik, meine Damen und Herren, das ist nicht bloß eine Ähnlichkeit oder Identität der Aussagen, sondern gemeinsame Außenpolitik bedeutet auch Kontakte bei der Evaluierung der Vorgänge und bei der Festlegung der österreichischen Absichten, Vorhaben und Ziele.


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