Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 22

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Herr Präsident Verzetnitsch! Sie sind für mich immer ein sehr besonnener Präsident des Gewerkschaftsbundes gewesen, aber Sie müssten doch ein Gespür dafür haben, dass man nicht am gleichen Tag, an dem in ganz Österreich Straßenblockaden durchgeführt werden – mit einer einzigen Zielsetzung: es soll verhindert werden, dass dort, wo politische Entscheidungen fallen, im Parlament, die Parlamentarier Zutritt haben –, eine "Menschenkette" um das Parlament legen kann. Ich meine, man müsste ein Gespür dafür haben, dass das politisch sehr unklug ist und eine Gefahr für die Demokratie darstellt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich würde es auch für durchaus legitim halten, dass man sagt: Okay, die Gewerkschaft hat das Demonstrationsrecht – in Ordnung! –, wir haben keine andere Möglichkeit, wir müssen auf die Straße demonstrieren gehen! Aber wenn man dann, wenn die Regierungsparteien hier im Hohen Haus bei den Budgetberatungen eine stundenlange Diskussion mit Experten anbieten und sagen: Reden wir darüber!, das nicht annimmt und zu Beginn der Beratungen auszieht, aber dann auf der Straße demonstriert, meine Damen und Herren, ist ein falsches Demokratieverständnis, ist kein demokratisches Verhalten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Dialog heißt doch nicht Diktat!)

Aber seien Sie sicher: Der Bürger und Wähler durchschaut das! (Abg. Edlinger: Der Wähler durchschaut das! – Abg. Dr. Kostelka: Und Schwarz-Blau wählt er ab!) Er lehnt mehrheitlich, Herr Kollege Gusenbauer, die Volksbefragung zur Budgetpolitik ab, er lehnt mehrheitlich die Straßenblockaden ab. Lesen Sie in heutigen Zeitungen, was Straßenbefragungen von Bürgern ergeben haben: mehrheitlich abgelehnt!

Ich kann nur sagen: Tun Sie so weiter – wir werden schon aufpassen, dass die Demokratie keinen Schaden nimmt, und wir werden dafür sorgen, dass demokratische Entscheidungen hier im Hohen Hause fallen und nicht auf der Straße! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

9.56

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine schlechte Show wurde heute hier von den beiden Regierungsparteien geboten, die mit der Geschäftsordnung nichts zu tun hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Welche sind die Fakten, mit denen wir uns zu beschäftigen haben? – Es gibt eine Bundesregierung, die keinen Dialog führt, sondern über die betroffenen Gruppen "drüberfährt" und sich wundert, wenn sie nicht applaudieren. – Das ist das Faktum, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Es wird hier der Eindruck zu erwecken versucht, als befänden wir uns in einem Belagerungszustand. – Ich sage ganz offen: Ich habe vollstes Vertrauen in den Herrn Innenminister, dass er die Ordnungssituation in Wien und in den Bundesländern so im Griff hat, dass nichts passiert und das Parlament tagen kann. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Und ich sage gleichzeitig dazu: Wenn heute am Nachmittag ... (Abg. Dr. Stummvoll: Gott sei Dank haben wir ihn!) – Herr Stummvoll! Die Lautstärke nützt Ihnen nichts! Ihre Argumente waren so lächerlich, dass sie auch durch Lautstärke nicht zu kompensieren sind! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn heute am Nachmittag eine angemeldete Demonstration des Österreichischen Gewerkschaftsbundes stattfindet (Abg. Rosemarie Bauer: Und der SPÖ-Senioren!), so ist das die Wahrnehmung des legitimen Demonstrationsrechtes. Wir werden nicht zulassen, dass nach dem Maß des Herrn Khol "guten" Demonstranten und "bösen" Demonstranten ein garantiertes Verfassungsrecht in unserem Lande eingeschränkt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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