Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 117

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Diese Regierung ist nicht erpressbar, schon gar nicht von einer Hand voll dienstfrei gestellter Gewerkschafter – dienstfrei gestellter Gewerkschafter deshalb, weil diese werden ja bezahlt von der Öffentlichkeit für diese Zeit –, die nichts Besseres zu tun haben in dieser Zeit, als darüber nachzudenken, wie man den Staat schädigen kann. – Zitatende.

Das ist ein Reformdialog? Da stelle ich mir die Einladung etwa so vor: Sehr verehrte Schädlinge und Parasiten von Opposition und Gewerkschaft! Wir laden Sie ein zum Reformdialog.

So beginnt man einen "Dialog"! Ich bin mir aber mir völlig sicher, Herr Bundeskanzler, dass Sie in aller Schärfe gegen diese Äußerungen und gegen diese Qualifizierungen von Gewerkschaftern durch die Frau Vizekanzlerin protestiert haben. (Beifall bei den Grünen.) Nur: Es findet sich keine Spur Ihres Protests. Wir haben ihn nicht gefunden. Entweder gibt es eine hinterhältige Medienblockade, oder Sie haben darauf vergessen. Falls Sie darauf vergessen haben sollten, dann empfehle ich Ihnen, im Interesse des Reformdialogs heute hier eine Klarstellung zu treffen, was Sie davon halten, wenn Haider Gewerkschafter als "Parasiten" und wenn Riess-Passer Personalvertreter als "Schädlinge" bezeichnet.

Ich glaube nicht, dass Menschen, die man solcherart qualifiziert und die nicht den Eindruck haben, dass der Bundeskanzler etwas öffentlich dagegen unternimmt, wirklich ohne Vorbehalte an einem Reformdialog teilnehmen können.

Nächster Punkt: Wie kommen Sie dazu, hier eine Vereinbarung mit Gewerkschaftern vorzustellen, die es offensichtlich nicht gibt? Ihre ganze Argumentation basiert darauf: Wir haben mit Gewerkschaftern eine Vereinbarung getroffen, und trotzdem gehen sie auf die Straße! – Plötzlich aber stellt sich heraus, eine solche Vereinbarung gibt es nicht, ist frei erfunden. Es wird sie vielleicht einmal geben. Gewerkschafter und Personalvertreter gehen auf die Straße, weil sie sagen: Wir wollen, dass bestimmte Interessen in einer Vereinbarung berücksichtigt werden.

Das, Herr Bundeskanzler, ist in einer Demokratie etwas Normales. Die Stärke einer Demokratie erweist sich daran, wie sie mit Konflikten umgehen kann. Wenn der Bundeskanzler eines demokratischen Rechtsstaates nicht in der Lage ist, mit dem ganz normalen Konflikt Demonstration umzugehen, und wenn er sich hinstellt und letzten Endes sagt: Demonstriert nicht, sonst verlasst ihr den gemeinsamen Boden der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit!, dann hat in diesem Moment der Bundeskanzler genau diesen Boden verlassen, indem er versucht, jemanden, der seine gesetzlichen Rechte wahrnimmt, außerhalb des Gesetzes und außerhalb der demokratischen Kultur zu stellen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Da müssten aber die Blockaden angemeldet sein, Herr Kollege Pilz!)

Sind jetzt Rechtsstaat und Demokratie bedroht, weil es Verkehrsbehinderungen gibt, die ich persönlich in dieser Form nicht goutiere? Wenn Rechtsstaat und Demokratie durch Verkehrsbehinderungen bedroht sind, Herr Bundeskanzler, dann tun Sie etwas gegen die täglichen Verkehrsbehinderungen auf der Südosttangente. Jeden Tag gibt es Verkehrsbehinderungen, aber niemand nimmt das ernst. Ja warum machen Sie dann nichts?!

Nein, das ist nicht der Punkt. Es geht um etwas ganz anderes: Sie verfolgen ein politisches Ziel. Und das politische Ziel, das Sie, aber noch viel mehr Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei verfolgen, lautet: Wir wollen keinen Dialog mit der Opposition. Wir wollen keinen Dialog mit der Gewerkschaft. Wir wollen keinen Dialog mit unseren Kritikern. (Abg. Dr. Fekter: Hier herinnen schon, aber nicht auf der Straße!) Wir wollen den Widerstand und die Kritik beseitigen.

Sie haben es uns beim ORF vorexerziert, wie Sie mit kritischer Berichterstattung im Rahmen des ORF-Gesetzes umgehen. Sie haben gedroht, Sie haben interveniert, Sie haben Menschen an ihrer journalistischen Existenz – nicht ohne "Erfolg" – bedroht. Sie haben das gegenüber Politikern mit der Erklärung, man müsse das Strafrecht gegen die Kritik der Opposition in Anschlag bringen, bewiesen.

Herr Bundeskanzler! Wo war Ihre klare Zurechtweisung des Kärntner Landeshauptmannes und des Justizministers? Sie haben in Ihrem Kabinett einen Justizminister, der ständig Recht bricht.


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