Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 119

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Es wird hier im Parlament ein Szenario entwickelt, als ob sich Österreich in einem Belagerungszustand befände, so, als ob nichts mehr gehen würde, als ob sich auf den Straßen keine Autos und keine Fußgänger mehr bewegen könnten, als ob der Zutritt zum Parlament nicht mehr gegeben wäre! Es wird hier im Parlament ein Schreckensszenario etabliert, das mit der Realität auf Wiens und Österreichs Straßen überhaupt nichts zu tun hat, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zweytick: Das stimmt nicht! Eineinhalb Stunden ...! Wir haben in der Steiermark keine U-Bahn!)

Es stellt sich schön langsam die Frage, wieso Sie das dermaßen dramatisieren. Man hat nahezu den Eindruck, manche da herinnen wünschen sich Gewalttaten, manche wünschen sich ganz offensichtlich, dass das Land stillsteht, damit sie nur genügend Grund haben, sagen zu können: Am Protest gegen die Bundesregierung beteiligen sich Chaoten und der Mob, weil Sie jeglicher Kritik deren Berechtigung absprechen wollen! Das ist Ihre wirkliche Strategie, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Weil Sie heute hier den ÖGB in ungeheuerlicher Art und Weise maßregeln, die freien Gewerkschaften maßregeln, so tun, als ob es rein parteipolitische Aktionen waren, sich aufregen darüber, was einzelne Lehrer und die Lehrergewerkschafter machen, die immer wieder unter dem Siegel der Fraktion Christlicher Gewerkschafter bei den zu Vertretenden agitieren, die gemeinsam mit den Leuten im öffentlichen Dienst antreten und die alle Aktionen mittragen: Wieso diskutieren Sie das in Ihrer Partei nicht? Wieso erzählen Sie das uns, Herr Bundeskanzler? Reden Sie mit Ihren KollegInnen, wenn Sie glauben, dass Ihre Politik so gut ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie schrecken vor keiner einzigen Unsauberkeit zurück, vor keiner einzigen! Der Finanzminister nimmt in diesem Jahr 2 Milliarden Schilling mehr an Mehrwertsteuer allein aus den erhöhten Diesel- und Heizölpreisen. Ein Minimum von diesen 2 Milliarden Schilling wird an Pendler sowie als Heizkostenzuschuss zurückgegeben, und dann stellen Sie sich her und sagen: In Wien soll man doch einmal etwas tun bezüglich Heizkostenzuschuss! (Abg. Rosemarie Bauer: Natürlich!) Ich stelle fest: Kein anderes Bundesland leistet einen höheren Heizkostenzuschuss als das Bundesland Wien. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Sie setzen ihre Unsauberkeiten fort. Sie reden über die wunderbaren Auswirkungen der Konjunktur. – Sie wissen aber ganz genau, dass die Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung, die unter Ihrer Verantwortung gesetzt wurden, bisher dazu führten, dass das Wirtschaftswachstum in Österreich nach unten revidiert werden muss und dass Sie bestenfalls ein Schwarzfahrer im europäischen Konjunkturzug sind, aber keine eigenen wirtschaftspolitischen Leistungen zu bieten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann regen Sie sich in ungeheurer Aufgeblasenheit darüber auf, was Ihnen peinlich ist, und zitieren hier einzelne Demonstranten von heute in der Früh, mit denen niemand hier herinnen etwas zu tun hat (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol ), und sagen, das sei Ihnen peinlich. (Abg. Dr. Khol: VSStÖ!) Soll ich Ihnen sagen, was einem Bundeskanzler peinlich sein müsste? – Einem Bundeskanzler müsste peinlich sein, wenn seine Vizekanzlerin auf die Justiz losgeht. Das müsste einem Bundeskanzler peinlich sein! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Es müsste einem Bundeskanzler peinlich sein, wenn sein Koalitionspartner und sein Justizminister die demokratisch gewählte Opposition ins Gefängnis werfen will. Das müsste einem Bundeskanzler peinlich sein! (Neuerlicher lebhafter Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Es müsste einem Bundeskanzler auch peinlich sein, wenn, wie heute zu Mittag, hier Beamte des Innenministers, der für innere Ordnung und Sicherheit zu sorgen hat, von Herrn Westenthaler in unflätigster Weise beschimpft werden und es dazu kein einziges Wort der Verteidigung seitens der ÖVP gibt! Stumm, wortlos, wie ein steinerner Gast sitzt Herr Khol da. – Das müsste Ihnen


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