Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 176

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Grund ihres Bekenntnisses zum Staat Österreich von den Nazis in einem mittelost- oder osteuropäischen Land inhaftiert waren, einen Anspruch auf Geldleistung haben. Da ich annehme, dass das nicht der Wille der Regierung sein kann, sollten diese Ausschluss-Bestimmungen klarer formuliert werden.

Meine Damen und Herren! Völlig unverständlich ist auch, warum nur jene, die in mittelost- oder osteuropäischen Staaten festgehalten wurden, in den Genuss der Entschädigung kommen. Was ist mit jenen, die in Afrika gefangen genommen wurden oder als Piloten oder Matrosen in Gefangenschaft der Amerikaner, Briten und so weiter gekommen sind? Was ist mit jenen, die in Sibirien waren? Das zählt lange nicht mehr zu Osteuropa. Ob diese Entschädigung tatsächlich als eine spiegelgleiche Lösung – so die Worte des Bundeskanzlers – für die Entschädigung der NS-Zwangsarbeit anzusehen ist, ist auf Grund des geringen Betrages, des eingeschränkten Empfängerkreises und der Umstände, dass diese Geldsummen von Österreich und nicht von anderen Staaten und Regierungen finanziert werden, mehr als fraglich. Es ist also eine nicht sehr glückliche Lösung, der wir ebenfalls nicht zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger ist der nächste Redner. – Bitte.

20.20

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bundeskanzler Schüssel hat heute in der Debatte stolz gesagt, dass wir für die Bildung mehr als der OECD-Schnitt ausgeben, nämlich genau 1 Prozent. (Abg. Parnigoni: Stolz braucht er auf das nicht zu sein, was er gesagt hat!) Das sind 27 Milliarden Schilling. Für die Gesundheit geben wir weniger als der OECD-Schnitt aus. Trotzdem wird jeder Österreicher sagen, dass das Gesundheitswesen gut ist und ausgebaut werden soll.

Wir haben aber auch Probleme. Es gibt in Österreich zum Beispiel keine Kinderpsychiater auf Krankenkassenkosten. Nach Berechnungen aus der Schweiz würden wir 50 brauchen. Es gibt in Österreich keine funktionierende Schmerztherapie auf Krankenkassenkosten. Sie sehen daran, dass wir immer in einem Spannungsfeld Ökonomie versus Menschlichkeit agieren.

Die Engländer rationieren. Dort stehen zum Beispiel 1,3 Millionen Menschen auf einer Warteliste für eine Operation. Patienten unter 5 Prozent Heilungschancen werden einfach nicht mehr betreut. In der letzten Ausgabe des "Spiegel" habe ich gelesen, dass sich in Deutschland die Ärzte weigern, Medikamente zu verschreiben, die teuer und neu sind, weil sie mit Regress bestraft werden, im Schnitt mit 80 000 D-Mark. Das führt dazu, dass ein Patient mit Alzheimer seine Medikamente einfach nicht mehr bekommt, weil der Arzt das Dreifache seines Budgets ausgeben müsste, um den Patienten zu betreuen. Desgleichen bei neuen Parkinson-Mitteln oder Schizophrenie-Medikamenten.

Auch so kann man also sparen. Ich würde das rationieren nennen. Gott sei Dank herrscht in Österreich vom Staatssekretär abwärts Konsens, dass wir keine derartige Rationierung wollen.

Wir haben in Zukunft aber auch andere Debatten zu führen, zum Beispiel die Pflichtversicherungsdebatte. In Österreich ist man bekanntlich in seine Kasse "hineingeboren". Ich persönlich bin skeptisch, was die Auswahl anlangt, weil die ausländischen Beispiele eher zeigen, dass es zu einer Entsolidarisierung kommt. Ich lese Ihnen zur gegenwärtigen Situation in Deutschland eine Stellungnahme des Krankenkassenchefs Fiedler vor: Die Kassa braucht 5 000 Gesunde, um einen einzigen Bluter wettzumachen. Es lohnt sich, Risikoselektion zu betreiben. – Dies die Meinung eines Kassenbosses in Deutschland. Trotzdem soll diese Pflichtversicherungsdebatte nicht zu einer Reformunwilligkeitsdebatte ausarten. Die Wiener Gebietskrankenkasse zahlt zum Beispiel Methadonprogramm, Brustkrebsvorsorge und hat doppelt so viele Kassenärzte. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat weniger Kosten, weigert sich aber, Dialyse zu bezahlen. Die Patienten müssen um Mitternacht in Wien dialysiert werden. Ich frage Sie: Wo ist da die Menschlichkeit?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite