Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 215

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Obsorge einen Weg gegangen und haben eine Lösung gewählt, die selbst bei jenen Experten, die grundsätzlich für die gemeinsame Obsorge waren, Ablehnung gefunden hat.

Ich verstehe das nicht. Ich habe es nicht verstanden, ich verstehe es nicht, und ich habe bis heute noch keine Erklärung von Ihnen gehört, warum sich diese Regierung in nahezu allen Punkten einen Weg sucht, der diametral dem entgegengesetzt ist, was in der Wissenschaft, in der Lehre und in der Justizpolitik von Personen, die dort etwas zu sagen haben, gefordert wird.

Die Senkung der Strafmündigkeit unter dem Titel "Jung sein muss auch wehtun können" spricht eigentlich für sich. Ich glaube, dass das Rückzugsgefecht, das sich die Regierungsparteien hier liefern – nämlich in Erkennung des Umstandes, dass dieser Vorschlag oder dieses Begehren völlig absurd ist –, vielleicht noch das Ärgste verhindert. (Beifall bei der SPÖ.)

Was aber noch viel ärger ist, ist die Entwicklung der rechtsstaatlichen Werte während dieser Regierung. Man muss sagen: Aus rechtsstaatlicher Sicht sind die letzten Monate wohl die schwärzesten Tage der Zweiten Republik! Das ist sicherlich keine Übertreibung. Meine Damen und Herren! Wir erleben einen Umgang (Abg. Dr. Fekter: Herr Kollege Jarolim! Bleiben Sie doch sachlich!), der vom Grundsatz der Gewaltentrennung so gut wie überhaupt nichts mehr ... (Abg. Dr. Fekter: Bleiben Sie doch ein bisschen sachlich!)

Frau Kollegin Fekter! Ich glaube, Sie wissen, worüber wir hier reden. Es ist meiner Meinung nach auch nicht notwendig, dass Sie hier Ihren Koalitionspartner derart verteidigen. Ich meine, dass es in Zeiten wie diesen notwendig ist (Abg. Dr. Fekter: Ich habe von Ihnen Sachlichkeit eingefordert!), sich auf jene Seite der Diskussion zu stellen, auf der ganz einfach die grundstaatlichen Normen beheimatet sind, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Fekter: Ja, die haben wir nicht verlassen!) Sie verlassen diesen Boden in einer Art und Weise, die beängstigend ist.

Herr Bundesminister! Wir haben anfangs, als Sie das Amt angetreten haben, darauf hingewiesen, dass Ihr Verhalten in der Vergangenheit – nicht, dass Sie Rechtsanwalt waren, sondern was Sie als Rechtsanwalt gemacht haben – zu Problemen führen wird. Wir haben darauf hingewiesen, dass es keine Selbstverständlichkeit sein darf, dass derjenige, der die Klagsmaschinerie der Oppositionsparteien in einer Art und Weise geführt hat, wie sie auch einzigartig ist, Minister wird.

Wir haben darauf hingewiesen, dass es, nachdem Sie Minister geworden sind, völlig unerträglich ist, dass Sie kein Verständnis dafür haben, dass Ihr Name auf dem Briefpapier der Kanzlei steht, die weiterhin politische Gegner verfolgt.

Wir haben Sie gefragt, warum Sie Haider anlässlich der Erklärungen über seine Empfindungen, man möge den politischen Gegner einsperren, nicht ins Wort gefallen sind, sondern gesagt haben, dass das für Sie überlegenswert ist.

Wir haben weiters zu einem Zeitpunkt, als die Ermittlungen in der Spitzelaffäre begonnen haben, an Sie appelliert, sich hier wirklich zurückzuhalten und objektiv zu sein. Das haben Sie anfangs auch zugesagt. Wir haben dann mit Entsetzen zur Kenntnis genommen, dass nicht der Minister, der das allenfalls könnte, sondern die Bundesregierung – auch das hat es in der Zweiten Republik noch nicht gegeben – einen Ministerratsbeschluss gefasst hat, wodurch ein zweiter Staatsanwalt eingesetzt worden ist, von dem kein Mensch wusste, wofür er eingesetzt wird und was er tun soll. Im Grunde war das entweder eine Aktion, um der Öffentlichkeit Emsigkeit vorzutäuschen, oder aber der Versuch, durch eine Drohung, nämlich dass man dem einen Staatsanwalt einen anderen gegenüber setzt, ihm zu zeigen, was passieren könnte, wenn er sich nicht entsprechend verhält.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Vorgangsweise, die katastrophal ist und die in erster Linie davon getragen ist, dass Sie, Herr Bundesminister, völlig distanzlos Ihren Parteifreunden oder den Freunden in jener Partei, die Sie aufgestellt hat, gegenüber auftreten.

Da darf es auch nicht wundern, dass Personen wie Stadler – wie im letzten "FORMAT" zu lesen ist – in einer Art und Weise auftreten, die ebenfalls nicht nachvollziehbar ist. Er erklärt dort –


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