Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 220

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Aber was tut der Herr Bundesminister für Justiz? Wenn er schon nicht schweigt – was ich ihm in der Vergangenheit in manchen Fällen sehr geraten hätte, aber bitte! –, spricht er manchmal eben auch zu schnell – nach, sage ich jetzt. Erinnern Sie sich an die Pressekonferenz mit Landeshauptmann Haider und auch an manch andere Dinge!

Das ist zwar nicht Schnee vom letzten Jahr – Herr Bundesminister, das ist ein Schnee, der ewig liegen bleibt, denn das macht das Klima in diesem Staat eisig, Ihr Verhalten, das Sie, seit Sie Minister sind, in diesen sensiblen Fragen an den Tag gelegt haben –, aber das habe ich jetzt nur erwähnt, um es wieder in Erinnerung zu rufen. Es geht jetzt um die im Moment aktuellen Dinge. Jetzt ist nämlich nicht Schweigen gefragt, sondern jetzt ist Parteinahme gefragt.

Ich habe heute Morgen in meinem Redebeitrag den Herrn Bundesminister für Inneres Strasser nicht nur aufgefordert, sondern eigentlich flehentlich gebeten, sich hinter seine Beamten zu stellen, um damit auch ein Zeichen der Solidarität zu geben, aber jetzt nicht einer inhaltlichen Solidarität, sondern der Solidarität, dass man die Arbeit unterstützt und würdigt und dass man sich der Schmutzkübel-Kampagne – fast wollte ich jetzt sagen: der Opposition, aber in diesem Fall: der Regierung – nicht aussetzt.

Der Herr Bundesminister ist aufgefordert, Ähnliches zu tun. Aber ich muss ehrlich sagen, ich mache hier, obwohl ich beide Herren erst gleich kurz kenne, einen wesentlichen Unterschied. Mein Vertrauen zu Bundesminister Strasser ist, obwohl ich in fremdenpolitischen Fragen jetzt ein bisschen sensibler als am Anfang bin, um Deutliches größer als das justizpolitische Vorschussvertrauen, das ich am Anfang – das sage ich auch ganz ehrlich – Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer gegeben habe. Ich nenne, damit Sie das nicht missverstehen und politisch falsch bewerten, beispielsweise nur das Stichwort lebenslange Freiheitsstrafe. Man muss doch irgendwie – das sind wir einander schuldig, Herr Bundesminister – bei aller politischen Kontroverse in sachpolitischen Punkten selbstverständlich auch sachlich bleiben.

Aber das, Herr Bundesminister, worum es jetzt geht, ist keine sachpolitische Frage. Das ist weit mehr als eine sachpolitische, justizpolitische Frage. Es ist eine die Grundfesten der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Österreich betreffende Frage, Herr Bundesminister, dass Sie hier schweigen, dass Sie hier nicht Partei ergreifen, dass Sie sich wortlos gefallen lassen, dass da Schmutzkübel auf die Ermittler aus dem Justizbereich ausgeschüttet werden! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es gehen da Klubobleute her und sagen: Die Staatsanwälte gehören abgezogen, ihnen gehört das Verfahren entzogen, die U-Richter sind, gerade dass er nicht gesagt hat, auch alle "rote Brüder" – das hat er noch nicht gesagt, aber wahrscheinlich gemeint, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Minister! Das sind jetzt die brennenden Fragen. Ich argumentiere heute nicht einen Misstrauensantrag gegen Sie, sondern ich argumentiere hier in tiefer Besorgnis um das, was die österreichische Bevölkerung mitbekommt oder als Signal bekommt, wenn es darum geht, den Glauben an den Rechtsstaat in Österreich zu festigen.

Wohlgemerkt, ich sage "zu festigen" und nicht "wiederzugewinnen", weil ich hoffe, dass die Bevölkerung den Glauben an den Rechtsstaat noch hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dass es dem Herrn Bundesminister noch nicht gelungen ist, ihn nachhaltig zu erschüttern! (Abg. Dr. Martin Graf: Ich weiß, dass ihn die Bevölkerung schon noch hat!) Dann wäre das doch die schlimmste Vision, die wir beim Amtsantritt der blau-schwarzen Regierung hatten, bei Krüger, gefolgt von Böhmdorfer, was sich hier weiterentwickeln kann. (Abg. Dr. Martin Graf: Es wird Ihnen nicht gelingen, den letzten Glauben zu begraben!)

Darum, Herr Bundesminister: Erklären Sie sich – ich sage, vielleicht auch, weil jetzt die Stunde spät ist: es ist nicht zu spät –, nicht in einem politischen Sinn, sondern im Sinne derjenigen, denen Sie es schuldig sind, nämlich jener Staatsanwälte und jener Richter, die hier einem massiven politischen Druck einer Regierungsfraktion ausgesetzt sind, und einer zweiten Fraktion, die mit ihrem Schweigen zustimmt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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