Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 222

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ker, sondern es betrifft das Vorgehen Ihrer Vorgängerin Kollegin Petrovic aus Anlass eines Prozesses gegen Herrn Charles Ofoedu, der des Drogenhandels angeklagt war und der letztlich, zwar nicht wegen Drogenhandels, sondern wegen Geldwäsche, rechtskräftig verurteilt wurde: Frau Kollegin Petrovic hat sich vor das Gericht gestellt und mit einem großen Transparent Solidarität mit Charles Ofoedu eingemahnt und gleichzeitig die Anklageschrift gegen Ofoedu – so steht es hier – als "Käsepapier" bezeichnet. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Frau Stoisits, was sagen Sie dazu?)

Wenn Sie, Frau Kollegin, also von Zurückweisung politischer Einflussnahme sprechen, dann weiß ich nicht, was Sie darunter verstehen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Aber sie ist kein Justizminister! Das ist ein Unterschied! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie hat ja uns gerade geprügelt!)

Was nun die "Zurückweisung politischer Einflussnahme" betrifft, Frau Kollegin Stoisits, so glaube ich, dass Sie wirklich nicht wissen, wovon Sie reden! (Abg. Dr.  Partik-Pablé: Vor der eigenen Türe kehren!) Eine Fraktion, die traditionellerweise ein derart gestörtes Verhältnis zur Justiz hat, stellt sich dann in Ihrer Person her und versucht, sich hier als Schutzmantel-Madonna aufzubauen oder aufzustellen! (Abg. Böhacker: Scheinheilig!) Sie können natürlich für alle Angelegenheiten eintreten – das sei Ihnen unbenommen –, aber bitte nicht als Schutzmantel-Madonna zugunsten der Justiz! Hier haben Sie jede Glaubwürdigkeit verloren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Etwas sehr Ähnliches gilt natürlich für Kollegen Jarolim, der hier auch eine politische Einflussnahme beklagt hat. (Abg. Dr. Jarolim: Das Protokoll? Das Protokoll ...!) Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Klubobmann Westenthaler hat Ihnen ja heute alle Zitate vorgehalten, etwa jenes des damaligen Klubobmannes Heinz Fischer aus dem Jahre 1989. Als der Journalist Worm freigesprochen wurde, sagte damals Fischer: Das Urteil ist ein politisches Pamphlet.

Es werden also von Sozialdemokraten Rechtshandlungen, Urteile als "politische Pamphlets" bewertet, und es wird von "Käsepapieren" gesprochen. Ich erinnere dich selbst an den von dir initiierten Arbeitskreis in der Kanzlei des Kollegen Lansky (Abg. Dr. Jarolim: Ich habe schon geglaubt, dass Sie es vergessen haben!), wo sich die sozialdemokratischen Juristen zusammengerottet – muss ich in diesem Fall sagen – und überlegt haben, wie es denn möglich wäre, mehr Sozialdemokraten in den Richterdienst zu bekommen, damit es eher genehme Urteile zugunsten der Sozialdemokratie gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Ist das wieder die gleiche Geschichte?)

Eines ist auch sehr interessant gewesen – und da würde sich sogar Broda im Grab umdre-
hen –: dass dessen früherer Sekretär Oberhammer, der Präsidialchef und Vorgänger von Herrn Fellner war, in diesem Aktenvermerk noch von den Kollegen von der Sozialdemokratie denunziert wurde, und zwar insofern, als sie sagten, Herr Oberhammer sorge viel zu wenig dafür, dass Genossinnen und Genossen in den Justizdienst eintreten, und dies sei insgesamt der sozialistischen Sache abträglich! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf diese Rede aber auch zum Anlass nehmen, um ganz allgemein zu diskutieren, inwieweit Verfahren in der Öffentlichkeit kommentiert und abgewickelt werden sollen. Wenn sich hier die vorgespiegelte Empörung breit macht und bekundet wird, wie schrecklich und ungeheuerlich das sei, wenn sich Betroffene wie Landesrat Stadler in der Öffentlichkeit zur Wehr setzen, und dass das Angriffe auf die Justiz seien, dann frage ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wissen oder sehen Sie nicht, dass das tagtägliche Vorverurteilungen in den Medien sind und dass das überhaupt nichts damit zu tun hat, wie ein Strafverfahren normalerweise abläuft? Bei Strafverfahren gibt es ein Vorverfahren, und Vorverfahren sind teilweise sogar unter Ausschluss der Verteidigung zu führen. Hier aber werden Verfahren in aller Öffentlichkeit durchgeführt, wobei Aktenteile auf Punkt und Beistrich veröffentlicht werden (Abg. Edlinger: Das ist doch nichts Neues! – Abg. Dr. Fekter: Aber deswegen ist es nicht gut, Herr Kollege


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