Komischerweise stimmen jedoch die beiden Koalitionsparteien immer dann, wenn in einer Sitzung des Nationalrates die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt wird, regelmäßig dagegen! – Der Schluss, der aus dieser Verhaltensweise betreffend "Untersuchungs-Theater" zu ziehen ist, ist klar: Die FPÖ hat kein Interesse daran, dass ihr Spitzelskandal restlos aufgeklärt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Die Rundumschläge und Eskalationsstufen in diesem Zusammenhang werden immer stärker! Und wenn die FPÖ-Spitze alle handelnden Staatsanwälte und Richter in der Öffentlichkeit verunglimpft und mit Ausdrücken diskreditiert, die durchaus klagsfähig wären, dann versucht sie, auf diese Weise Staatsanwälte und Richter zu finden, die tatsächlich eine Klage gegen Jörg Haider einbringen, denn dann könnte die FPÖ-Spitze wiederum sagen, dass die betroffenen Staatsanwälte und Untersuchungsrichter befangen sind und auf Grund ihrer Befangenheit von diesen Verfahren abgezogen werden sollen.
Die Radikalität der Sprache gegen Staatsanwälte und gegen Untersuchungsrichter hat also im Wesentlichen einen Sinn: Es soll damit bewirkt werden, dass dann eine Forderung nach Abzug der handelnden Personen aus dem Verfahren gestellt werden kann. Nicht umsonst hat Günter Traxler im "Standard" diese Art der Aggression als "Sprachterrorismus" bezeichnet, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Jetzt gibt es natürlich unterschiedliche Interpretationen, wie die Behörden auf diesen Druck reagieren: Mit Recht hat sich die Präsidentin der Richtervereinigung in aller Öffentlichkeit gegen diesen Versuch, die Unabhängigkeit der Justiz einzuschränken, zur Wehr gesetzt! Mit Recht haben sich die Staatsanwälte in der Öffentlichkeit gegen diese Interventionen zur Wehr gesetzt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Und natürlich weisen die Organe der Justiz darauf hin, dass sie sich von diesem Druck nicht beeinflussen lassen werden.
In diesem Zusammenhang gibt es eine Reihe von Kommentaren, die man sich zu Gemüte führen sollte, weil sie beschreiben, bei welcher Qualität der Auseinandersetzung wir angelangt sind. – So schreibt zum Beispiel Barbara Coudenhove in einem Kommentar in der "Presse":
"Dass man Zivilcourage braucht, um korrekt seiner Arbeit nachzugehen, kennt man im Allgemeinen nur aus nichtdemokratischen Regimen. Nicht, dass man im heutigen Österreich bei Festhalten am Berufsethos um Leben und Job fürchten müsste – aber Karrierevorteile kann es schon bringen, wenn man sich gegenüber Winken von rechtsaußen ein bisschen entgegenkommend verhält."
Meine Damen und Herren! Das ist doch eine Grundfrage! Wenn schon Zivilcourage erforderlich ist, nur damit man das Strafgesetz zur Anwendung bringen kann, dann stellt sich zweifellos die Frage: Wie weit ist unser Rechtsstaat nach diesen Attacken der Freiheitlichen Partei gekommen? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wenn von unserem demokratischen Gemeinwesen die Rede ist und die Unabhängigkeit der Justiz als untrennbarer Bestandteil des demokratischen Rechtsstaates gilt, dann stellt sich doch die Frage: Wie würde die Politik reagieren, wenn sich die Justiz mit den gleichen Worten und Anwürfen in die Politik einmischte, wie das jetzt die FPÖ mit ihrem Druck auf die Justiz zu tun versucht? Stellen Sie sich vor, Herr Westenthaler, was in Ihrer Fraktion in dem Fall los wäre, dass ein Untersuchungsrichter sagen würde: Der Herr Westenthaler hat sie nicht alle! Oder stellen Sie sich vor, welche Debatten losgetreten werden würden, wenn irgendein Staatsanwalt forderte, dass Herr Haider doch endlich Frau Riess-Passer aus der Regierung zurückziehen solle, oder welcher Unmut entstehen würde, wenn einzelne Fahndungsbeamte in der Öffentlichkeit forderten, dass der Herr Justizminister endlich zur Räson gebracht werden muss!
Stellen Sie sich vor, die unabhängige Justiz würde sich genauso verhalten in Bezug auf die Politik, wie das die FPÖ derzeit in Bezug auf die Justiz tut! Ein unerhörter Aufschrei würde durch unser Land gehen, und diese Anwürfe würden zu Recht zurückgewiesen werden. Aber die FPÖ nimmt als völlig selbstverständlich für sich in Anspruch, die Justiz in ihrer Unabhängigkeit