Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 112

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Sie sind nicht in der Lage und Sie sind nicht bereit, die angegriffenen ermittelnden Behörden in Schutz zu nehmen. Sie sind nicht in der Lage und Sie sind nicht bereit, über den schweren Verdacht, der auf Ihrer Kanzlei und Ihrer Funktion als Rechtsanwalt lastet, Aufklärung zu leisten. (Abg. Mag. Posch: So ist es!) Sie sind nicht bereit, den österreichischen Rechtsstaat auch gegen Ihre eigenen Parteifreunde mit jeder notwendigen Konsequenz zu verteidigen. (Abg. Mag. Posch: So ist es!) Sie sind nicht bereit, Regierungsmitglieder, Regierungsfreundinnen und -freunde dort, wo sie den Rechtsstaat angreifen, zurückzuweisen. (Abg. Mag. Posch: So ist es!) Sie sind nicht bereit, ein einziges offenes Wort zu den Interventionen von Frau Vizekanzlerin Riess-Passer zu finden. (Abg. Mag. Posch: So ist es!) Sie sind nicht bereit, Ihre Funktion als Justizminister dieser Republik wahrzunehmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Posch: So ist es!)

Deswegen erwarten wir von Ihnen die Bereitschaft, Ihre Funktion als Justizminister im Interesse ebendieses Rechtsstaates umgehend zurückzulegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Wir wollen jetzt etwas ganz Eigenständiges hören! – Abg. Dr. Fekter  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es hat noch nie etwas anderes gegeben, Herr Kollege Cap!)

15.42

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Fischer! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Vorweg möchte ich klarstellen: Die ÖVP hat volles Vertrauen in unseren Rechtsstaat, und sowohl die Sicherheits- als auch die Justizbehörden werden alles tun, dass diese Vorwürfe aufgeklärt werden und zu einem rechtsstaatlichen Ende gebracht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir respektieren weiters in hohem Maße die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz und verurteilen jegliche parteipolitische Einflussnahme auf Justizverfahren. Wir sind insbesondere – und das ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen – für die Meinungsfreiheit, auch wenn sie für Kritik benützt wird. Wir sind auch – und das ist mir ein besonderes Anliegen in meiner Rede hier – für die Freiheit der Gesinnung, und wir lehnen jede Art von Gesinnungsterror ab. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich daher sehr kritisch zur "Plattform Demokratie und Meinungsfreiheit" äußern, die am Montag eine Pressekonferenz mit Kollegen Jarolim gegeben hat. In dieser Pressekonferenz ist eine für mich rechtsstaatlich höchst bedenkliche Vorgangsweise präsentiert worden. Es wurde dort ein bestelltes Sprachgutachten vorgestellt, um einem Richter eine bestimmte Gesinnung unterstellen zu können. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen darf er heute auch nicht reden! Ein unfassbarer Skandal ist das!) Das ist für mich brutaler Gesinnungsterror, der über medialen Druck auf einen unabhängigen Richter ausgeübt werden soll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Durch dieses bestellte Sprachgutachten über alte Urteile, die bereits rechtskräftig waren und auch von den Oberinstanzen bestätigt wurden, wird einem Richter eine vermeintliche Gesinnung unterstellt, um ihn damit medial unter Druck zu setzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier geht es nicht um strafrechtliche Vorwürfe gegen den betreffenden Richter, es geht auch nicht um disziplinarrechtlich bedenkliche Vorgänge im Zusammenhang mit diesem Richter, es geht lediglich um die Gesinnung dieses Richters. Ich halte es für ungeheuerlich, wenn in die Justiz derart eingegriffen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wo bleibt hier die Sorge um die Unabhängigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ? Kollege Jarolim – er ist leider jetzt nicht im Saal – hat dieses Sensorium massiv vermissen lassen. Ich halte diese Vorgangsweise für eine enorme Entgleisung.

Kollege Jarolim hat bei dieser Pressekonferenz auch, unisono, so in einem Aufwaschen, massive Kritik an der Justiz generell angebracht, die Gerichte als sorglos diffamiert und der


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