Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 54. Sitzung / Seite 63

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17.49

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat in seiner Rede gesagt, wir könnten uns eine 3,4-prozentige Gehaltserhöhung bei den Metallern leisten. Sie haben, Herr Minister, sichtlich ein extremes Kurzzeitgedächtnis (Abg. Großruck: Das beweist, dass er noch jung ist!): Ihr Kollege Wirtschaftsminister Bartenstein hat bereits im Juni über eine Presseaussendung mit dem Zaunpfahl gewunken: Gewerkschaft, ja brav sein, nix überziehen!, und Sie haben etwa 14 Tage vor der ersten Verhandlungsrunde auch mich zu einem Gespräch eingeladen, bei dem über Lohnpolitik in Zusammenhang mit der gesamten Wirtschaftspolitik gesprochen werden sollte. Ich bin dieser Einladung nicht nachgekommen, weil ich genau gewusst habe, was mir dort passieren würde; nach Meinung der Sitzungsteilnehmer hätte es auch eine Linie für die Lohnpolitik geben sollen.

Wissen Sie, geschätzter Herr Minister, wieso die Metallarbeiter 3,4 Prozent bekommen haben? – Weil die 200 000 Metallarbeiter in Österreich Jahr für Jahr für eine höhere Produktivität und für höhere Gewinne sorgen und weil die Arbeitgeber der Metallindustrie bereit sind, ihren Arbeitnehmern einen gerechten Anteil zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber was tun Sie in Wirklichkeit? Was tun Sie in Wirklichkeit, Herr Bundesminister? – Sie nehmen mit Ihrer Steuerpolitik den Metallern mehr weg als die 3,4 Prozent, die sie draufbekommen haben. Das ist das, was Sie in Wahrheit tun! (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist unerhört!)

Ich darf jene Aussage von Ihnen zurückweisen, wonach wir uns 3,4 Prozent "leisten" würden: Es braucht sich niemand einen Metallarbeiter zu "leisten", denn jeder einzelne Metallarbeiter muss für seinen Lohn, für jeden Schilling, den er verdient, tagtäglich schwer arbeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der vergangenen Regierung kann man sicherlich vorwerfen, dass es hin und wieder verschiedene Meinungen zu dem einen oder anderen Thema gegeben hat. Aber was Sie der Bevölkerung in den letzten Monaten oder überhaupt seit Ihrem Antritt bieten, ist an Chaos nicht mehr zu überbieten. Da gibt es an einem einzigen Tag zu einem Problem fünf verschiedene Wortmeldungen. Beispiel Kindergeld: Landeshauptmann Haider: ein klares Ja zum Kinderbetreuungsgeld bis zum dritten Lebensjahr, Grasser: für Zuverdienstgrenze, Haubner: Kindergeld auch ohne Zuverdienstgrenze, FP-Haupt hält Grasser-Modell für verfassungswidrig. Daraufhin meldet sich das "einfache Parteimitglied" wiederum zu Wort: Haider präferiert Haupt-Modell. Endlich meldet sich der größte Schweiger der Nation zu Wort – jeder glaubt, dass er da schlichtend eingreifen wird; aber nein, was sagt Herr Bundeskanzler Schüssel? –: Zuverdienstgrenzen sind notwendig, sind denkbar! Er trägt also zur Klarstellung nichts bei.

Diese Beispielführung könnte ich jetzt fortsetzen. ÖBB etwa: Das "einfache Parteimitglied" bezeichnet die Trennung der ÖBB als größten Blödsinn; Ministerin Forstinger verteidigt die Teilung der ÖBB. Jetzt gibt es ja überhaupt ein Schmankerl, das man sich vor Augen führen muss: Im Zusammenhang mit der Verlängerung der Südbahn passt dem "einfachen Parteimitglied" die Aussage der Frau Bundesministerin nicht. Es kommt auch gleich die Warnung: Brav sein, brav sein!, sonst ist sie nicht mehr Ministerin, und die Koalition wird aufgekündigt.

Dem "Kurier" von morgen ist ein weiteres besonderes Schmankerl zu entnehmen: Das "einfache Parteimitglied" hat einen neuen Berater. Im "Kurier" kann man lesen, er hat das Ex-Parteimitglied als Berater. Ex-Minister Schmid, der aus der Partei ausgetreten ist, also das Ex-Parteimitglied war laut "Kurier" gestern, das heißt, heute in Klagenfurt bei Haider und hat ihn beraten, hat ihm Argumente gegen Frau Forstinger geliefert. – Also wenn das nicht Chaos pur und lächerlich ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann weiß ich nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dasselbe Chaos pur, Herr Minister, finden wir auch in Ihrer Finanzpolitik! Das "einfache Parteimitglied" ist ein fündiges Mitglied, muss ich sagen. Ich darf in Erinnerung rufen, dass der Kärntner Landeshauptmann am 2. Juni 2000 in einem "ZiB 2"-Interview Folgendes der Öffentlichkeit versprochen hat:


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