Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 54

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handlungen, die längste Tagung eines Europäischen Rats. (Die Abgeordneten der SPÖ halten Tafeln mit der Aufschrift in die Höhe: "Wer ist der nächste?" beziehungsweise: "Wer ist die nächste?") – Wer der Nächste ist, kann ich Ihnen sagen: der Europäische Rat in Stockholm. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber ich freue mich, dass Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, so mitdenken, wer die nächsten Europäischen Räte organisieren wird.

Nun, diese Tage von Nizza liegen schon ein bisschen zurück. Ich habe mir aber die Freiheit genommen – in Abstimmung mit den Fraktionen –, Sie informell zu informieren und Ihnen alle notwendigen Argumente darüber mitzugeben, was dort vereinbart wurde und wo wir stehen. Der Vertrag wird Ende Februar von den Außenministern unterzeichnet werden. Danach wird er in die österreichische Gesetzessprache gekleidet und Ihnen noch vor dem Sommer vorliegen.

Dieser Vertrag von Nizza ist aber auch in eine österreichische Geschichte eingebettet. Es ist zwar nicht geplant, aber dennoch eigentlich kein Zufall, würde ich sagen, dass wir ausgerechnet heute über die Vorkommnisse und die Ergebnisse von Nizza diskutieren, an dem Tag, an dem vor genau einem Jahr 14 Länder der Europäischen Union Sanktionen gegen Österreich vorgeschlagen und auch publiziert haben. Es ist genau heute der Jahrestag. Das ist ein Zusammentreffen, das deswegen sehr wichtig ist, weil damit eine ganz bestimmte Haltung sichtbar geworden ist, eine Haltung, die gegen den Geist der Europäischen Verträge gerichtet war, die nicht auf dem Boden des europäischen Rechts basierte.

Und das Schöne ist jetzt, dass in Nizza – auf unsere Initiative hin – eine gemeinsame, eine parallele österreichisch-belgische Initiative gesetzt wurde, um durch einen neu gefassten Artikel 7 solche Vorkommnisse gegen ein Mitgliedsland der Europäischen Union nie mehr möglich werden zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

An die Ausgangsposition vor einem Jahr erinnere ich mich noch sehr genau: Ich bin mit dem damaligen FPÖ-Obmann Jörg Haider in einem Wiener Hotel beim Mittagessen gesessen (Abg. Dr. Mertel: Wie üblich!) und wurde am Handy angerufen – nicht, wie in manchen Tagebüchern steht, von Antonio Guterres, dem portugiesischen Ministerpräsidenten und Ratsvorsitzenden, sondern von seinem Außenminister Jaime Gama, der mir gesagt hat – es war ihm nicht ganz angenehm, diese Botschaft überbringen zu müssen –, dass eine Konsultation soeben diese drei ungerechtfertigten Maßnahmen ergeben hat: keine bilateralen politischen Kontakte mehr, die Beziehungen auf technisches Niveau zurückgestuft, keinerlei Unterstützung für österreichische Kandidaten, wo immer sie antreten und auftreten. Von ihm wurde weiters noch gesagt, dies solle aber nicht publiziert, sondern das solle noch mit Österreich besprochen werden. – Sie wissen ja, wie es dann tatsächlich gekommen ist.

Ich möchte an dieser Stelle auch etwas sagen, was mich persönlich berührt hat: Ich war geschockt durch diese Ankündigung, denn so etwas hat es in der Geschichte Europas noch nie gegeben – und ich hoffe auch wirklich sehr, dass so etwas nie mehr vorkommen wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Sanktionen waren natürlich nicht gegen die Regierung gerichtet, sondern gegen das Land schlechthin. (Widerspruch bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.) Wen vertritt denn, meine Damen und Herren, ein österreichischer Botschafter? – Doch nicht mich! Er wird vom Bundespräsidenten ernannt, und es ist seine Pflicht, das ganze Land zu vertreten: Das ist das Grundgesetz der österreichischen Diplomatie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Für wen steht denn ein österreichischer Kandidat, der möglicherweise eine ganz andere politische Gesinnung haben kann als die politischen Parteien, die derzeit die Bundesregierung unterstützen? – Er steht natürlich stellvertretend für ein Land und für seine Person! Daher ist diese Maßnahme tief ungerecht gewesen, sie hat sogar die individuellen Rechte und Möglichkeiten eines europäischen Bürgers beeinträchtigt – ein zutiefst anti-europäischer Verstoß, der da von unserer Seite zu beklagen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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