Und genauso das Dritte, die Konsequenzen, die dazu geführt haben, dass zumindest eine Zeit lang wissenschaftliche Kontakte, Schüleraustausch, geschäftliche Beziehungen in Frage gestellt, über Medien und politische Erklärungen geradezu problematisiert wurden: Wen, wenn nicht ganz Österreich, trifft denn so etwas? Regierungen oder Minister können sich wahrscheinlich am leichtesten "abschütteln", können sagen: Okay, wir konzentrieren uns auf die "Heimarbeit"! Das Land als Ganzes aber hat gelitten.
Ich sage auch offen, dass es bei manchem in Österreich – auch hier im Hohen Haus – etwas länger gedauert hat, bis man begriffen hat, dass da tatsächlich eine gemeinsame, feste, entschlossene Haltung notwendig ist, um ganz Österreich zu verteidigen. Und ich danke jenen, die es begriffen und das immer ganz selbstverständlich gelebt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Es sei hier aber auch jenen gedankt, die viel früher als ihre Regierungen begriffen haben, dass dies eigentlich ein Verstoß gegen europäische Grundprinzipien ist. Ich möchte stellvertretend Helmut Schmidt, den früheren sozialdemokratischen Parteivorsitzenden und langjährigen deutschen Bundeskanzler zitieren, der gerade in diesen Tagen öffentlich erklärt hat: Er, Schmidt, war nicht gegen diese Sanktionen, weil er plötzlich mit der FPÖ oder mit der ÖVP sympathisieren würde – überhaupt nicht! –, sondern weil er von Anfang an das Gefühl hatte, dass da ein Limes, eine Grenze überschritten wurde, die eigentlich eine unzulässige Einmischung in innere Angelegenheiten eines Mitgliedslandes der Europäischen Union darstellt. – Und Helmut Schmidt hat Recht damit.
Ich saß vergangene Woche neben Jacques Delors, dem langjährigen und von allen hoch geschätzten sozialdemokratischen Kommissionspräsidenten der EU, bei der Bertelsmann-Stiftung. – So viel übrigens zum Thema bis heute anhaltender "Isolationsfolter", die uns treffe. – Jacques Delors war von Anfang an – und er hat mir das im Privatgespräch wieder bestätigt – zutiefst gegen diese Sanktionen, weil er als einer von wenigen gleich begriffen hat, dass damit ein Flurschaden an der europäischen Idee angerichtet wird, den wieder gutzumachen es lange brauchen wird. (Abg. Mag. Muttonen: Lenken Sie nicht ab!)
Daher nochmals: Danke diesen zwei prominenten Sozialdemokraten, genauso wie etwa dem amerikanischen Ex-Außenminister Henry Kissinger, der auch beim Bertelsmann-Forum gewesen ist und genauso privat und öffentlich seine Missbilligung dieser Einmischung in innere Angelegenheiten eines Landes zum Ausdruck brachte.
Wichtig ist auch – nicht, um jetzt jemanden zu beschuldigen –, hier festzuhalten, dass wir gemeinsam mit der österreichischen Bevölkerung einen Weg gegangen sind und dabei Festigkeit, Entschlossenheit, aber auch Flexibilität bewiesen haben. Wir haben damit die Sanktionen früher weggebracht, als viele geglaubt haben und ich gehofft habe.
Daher: Danke auch den Franzosen, die in ihrer Präsidentschaft die Größe hatten, diese Sanktionen, und zwar ohne Wenn und Aber, zu beenden. Und ich habe auch Respekt vor den Belgiern, die sehr kritisch gewesen sind, dass sie in dieser Frage Schulter an Schulter mit uns in Nizza für eine Veränderung innerhalb der Europäischen Union gekämpft haben.
Das Ergebnis lässt sich sehen: Wir haben in harten Verhandlungen all unsere Vorstellungen durchgebracht: ein Frühwarnsystem innerhalb der Verträge, das Europäische Parlament muss zustimmen – dies ist keine Frage, die Regierungschefs in Telefonkontakten mit ihren Beratern zu klären haben –, ein rechtliches Gehör in allen Verfahrensstufen für alle Mitgliedstaaten, eine Begründungspflicht, eine Angemessenheit der Entscheidungen, eine regelmäßige Pflicht zur Überprüfung und eine nachprüfende Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof.
Wir sind zufrieden mit diesem Ergebnis von Nizza, und wir können auch stolz sein auf den Weg, den Österreich im letzten Jahr gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ein Zweites: Gerade auf europäischer Ebene haben sich manche Besorgnisse auf eine angebliche Entfremdung oder Entfernung Österreichs vom europäischen Weg bezogen. – Das Gegenteil war in diesen Monaten der Fall, und gerade Nizza hat dies schlagkräftig gezeigt. Wir