Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 60

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In der ersten Runde wird jeder Redner pro Fraktion 15 Minuten zur Verfügung haben. Die Frau Vizekanzlerin folgt danach mit 15 Minuten. Nach der Frau Vizekanzlerin wird je ein weiterer Redner von jeder Fraktion eine Redezeit von 6 Minuten haben. Hinsichtlich weiterer Redner besteht keine besondere Vereinbarung.

Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu Wort gemeldet. (Oje-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Das Ganze geht aber nach dem Verursacherprinzip!)

11.37

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich beim Herrn Bundeskanzler dafür, dass er durch das häufige Zitieren europäischer sozialdemokratischer Politiker klargestellt hat, dass die Verhängung der Sanktionen keine sozialdemokratische Verschwörung war, sondern auf Initiative seiner Parteikollegen Chirac und Aznar zustande gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde ihn bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, wenn er über die Aufhebung ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )  – Herr Kollege! Hat der Heurige für Sie gestern zu lange gedauert? Sind Sie nicht imstande, zwei Minuten zuzuhören? (Abg. Ing. Westenthaler: Wir haben wenigstens Wein getrunken – und keinen Champagner! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben darauf hingewiesen, dass die Grundlage ... (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Er ist bereits unter der U-Bahn mit seinem Niveau! – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen. – Abg. Edlinger: Am liebsten würdet ihr uns hinausschmeißen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen, die Sanktionen der EU-14, aufgehoben wurden, hat es aber unterlassen, auf einen Zusammenhang zu verweisen, der zumindest in der politischen Debatte relevant ist, nämlich auf den "Weisen"-Bericht, der die Grundlage für die Aufhebung dieser Maßnahmen ist. (Abg. Mag. Schweitzer: ... die ganze Übertragung!) Nach wenigen Monaten, Herr Bundeskanzler, würde ich Sie daran erinnern, noch einmal in diesem "Weisen"-Bericht nachzulesen, was dort über den politischen Charakter Ihres Koalitionspartners gesagt wird. Ihr Koalitionspartner hat bis zum heutigen Tag diesen Charakter nicht zum Positiven verändert, sondern – wie wir täglich merken – nur zum Negativen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben über die Europäisierung der österreichischen Innenpolitik gesprochen und dabei die Budgetkonsolidierung herangezogen. Sie haben dabei Kommissär Pedro Solbes zitiert, das aber, wie so oft, nur halb getan. Er hat in seiner Einschätzung darauf hingewiesen, dass die Budgetkonsolidierung nur dann eine nachhaltige sein wird, wenn die bisher gesetzten Einmalmaßnahmen durch nachhaltige Strukturreformen ersetzt werden (Abg. Großruck: Zum Beispiel im Hauptverband!) und nicht die Regierung bald wieder dazu übergeht, sich neue, zusätzliche Ausgaben im Sinne der Erhöhung von Transferzahlungen zu leisten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Lob, das Sie zitiert haben, haben Sie nur halb wiedergegeben, denn es ist nur der halbe Weg der Budgetkonsolidierung erreicht worden! Der zweite Schritt steht nämlich nach wie vor aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir uns nun den Ergebnissen von Nizza zuwenden und Sie in diesem Zusammenhang die Liberalität beschworen haben, die Diskussion in Alternativen und das Nicht-Festlegen auf eine alternativenlose Position, dann steht diese heute hier von Ihnen vorgetragene Haltung meiner Ansicht nach in eklatantem Widerspruch zu Ihrer eigenen Praxis als Regierungschef. Sie versuchen – so wie zuvor bei der Mediendebatte –, tagtäglich ausschließlich das, was die Regierung macht, als das einzig Schöne, Wahre und Gute darzustellen, und sind zur Diskussion über Alternativen nicht bereit. Was Sie für Europa verlangen, sollten Sie zuerst in Österreich praktizieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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