Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 61

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Irgendwie erweckt es den Eindruck, dass zur Verdeckung der realen Regierungspolitik immer irgendwelche Feindbilder erzeugt werden, die dazu dienen sollen, über die wahre Problematik hinwegzutäuschen. Sie tun doch so, als ob die Europäische Union das österreichische Wasser bedrohen würde, und wollen damit ungeschehen machen, dass es in Wirklichkeit Ihre Regierung ist, die durch den Verkauf der Bundesforste und ihrer Anteile den Zugang zu öffentlichem Wasser bedroht. Das ist nämlich die Wahrheit, die sich innenpolitisch stellt, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn in Zukunft in den Zentralbereichen die Österreicherinnen und Österreicher weniger Zugang zum Wald haben werden, wenn ein Teil des Wassers an Private verkauft sein wird, dann wird nicht die Europäische Union dafür die Verantwortung tragen, sondern Ihre Bundesregierung mit ihrer falschen Privatisierungspolitik. Das können Sie nicht abschieben! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die Ergebnisse von Nizza positiv gewürdigt, und Sie haben gesagt, die Voraussetzung für die Erweiterung sei geschaffen. (Abg. Großruck: Würdigen ist meistens positiv!) Ich würde einschränken und sagen: Die formalen Voraussetzungen für die Erweiterung sind nun gegeben. Sie sind durch die Veränderungen bei den Institutionen formal erbracht. Aber eine Frage, die heute alle bewegt, die sich mit Europa beschäftigen, ist folgende: Auf Grund dessen, dass es zu keiner Vereinfachung der Entscheidungsverfahren und zu keiner Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen gekommen ist, stellt sich die Frage, ob ein Europa der 20 oder 27, in dem es noch viel schwieriger als im Europa der 15 sein wird, in allen Detailfragen zu einem Konsens zu kommen, ob dieses Europa der Zukunft wirklich ein politisch, sozial und ökonomisch integriertes Europa sein wird oder ob Europa wegen dieser schlechten Vorbereitung wieder auf das Niveau einer Freihandelszone zurückfallen wird. (Abg. Jung: Das sind lauter sozialdemokratisch geführte Regierungen, Herr Kollege!)

Sie wissen ganz genau, dass das die große Herausforderung ist, vor der Europa steht und die zumindest in Nizza noch nicht bewältigt worden ist (Abg. Jung: Sagen Sie das dem Blair!), weil sich die Regierungschefs nicht auf ein Verfahren einigen konnten, mit dem Europa entscheidungsfähiger und entscheidungsfreudiger wird. Das ist gerade für Österreich eine ganz entscheidende Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn kleine Staaten vor allem im Zentrum Europas sind viel, viel stärker davon abhängig, dass es ein integriertes Europa gibt und nicht ein Europa, das nur durch die Zusammenarbeit der Staaten unter der Dominanz der großen Staaten geprägt ist.

Wir sind nicht nur auf Grund unseres europapolitischen Bewusstseins Mitglied der Europäischen Union geworden, sondern auch, weil wir glauben, dass die Österreicherinnen und Österreicher in einem integrierten Europa eine bessere Zukunft haben werden als in einem Europa der losen Zusammenarbeit. Dieser Schritt ist – leider, sage ich – in Nizza nicht gelungen. Diesen Schritt muss Europa erst tun, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie darüber sprechen, dass Europa nicht nur in wirtschaftlicher Zusammenarbeit besteht, dann bin ich mit Ihnen völlig einer Auffassung, dass es nicht so sein darf. Aber es muss doch möglich sein, anzumerken, dass es in Fragen der europäischen Sozialpolitik, in Fragen der europäischen Steuerpolitik und in Fragen der europäischen Innenpolitik nicht möglich war, in Nizza substantielle Fortschritte zu erreichen.

Wenn wir über ein Europa reden, das nicht nur die Angelegenheit der Diplomaten, sondern ein Europa der Menschen, der Arbeitnehmer, der Beschäftigten sein soll, dann ist es doch die entscheidende Frage, welchen Beitrag dieses Europa leistet, um ein friedliches, soziales und entwickeltes Zusammenleben zu garantieren.

Die Frage, die man sich stellen muss, lautet: Hat Nizza einen Beitrag dazu geleistet? (Abg. Großruck: Genosse Schröder ...!)  – Ich sage: Nein! Die Staats- und Regierungschefs haben die Pflichtübung erfüllt, die formalen Voraussetzungen zu erzielen. Aber ein Schritt vorwärts in Richtung mehr Qualität von Europa, wodurch Europa letztendlich auch an die Menschen näher


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