Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 62

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herangebracht wird, dieser entscheidende Schritt ist in Nizza leider nicht gelungen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen uns natürlich diese Frage stellen, wenn wir über die Erweiterung diskutieren. Ich bin der Meinung, dass jedes Land Mittel- und Osteuropas das natürliche Recht hat, an der europäischen Integration teilzunehmen. Und ich teile völlig die Auffassung, dass man die Staaten nicht in einzelne Gruppen einteilen darf. Aber klar ist auch, dass jedes Land die Voraussetzungen für den Beitritt erfüllen muss. Daher stellt die Erweiterung nicht nur eine Anforderung an die Europäische Union, an Österreich dar, sondern auch an jene Staaten, die beitreten wollen. Das sind nicht nur ökonomische Anforderungen und nicht nur soziale Anforderungen, sondern auch Anforderungen im rechtlichen und im demokratischen Bereich. Aber es soll die Tür im Sinne der Ausweitung der Zone von Frieden und Stabilität offen sein.

Wenn man diese Perspektive teilt, dann muss man sich die Frage stellen, welchen Beitrag Österreich leistet, um diesen Prozess auch wirklich zu befördern, welchen Beitrag Österreich dazu leistet, dass es sich in Zukunft nicht mehr in der Randlage der Europäischen Union befindet, sondern geographisch, politisch und ökonomisch ins Zentrum Europas rückt.

Herr Bundeskanzler, da sage ich Ihnen ganz offen: Die Politik der letzten Monate mit Ihren Aussagen gegenüber dem slowenischen Staatspräsidenten, teilweise auch mit Aussagen von anderen Kollegen in der Regierung gegenüber tschechischen, polnischen und ungarischen Politikern, war kein Beitrag dazu, die Position Österreichs bei den Nachbarn zu stärken, sondern ganz das Gegenteil war der Fall, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es stellt sich auch die Frage, ob das Format von Nizza, nämlich eine Regierungskonferenz, geeignet ist, die Zukunft Europas zu gestalten. Wenn jede dieser Regierungskonferenzen nach der Logik von "Was kann ich für mich herausholen?" abläuft und durch diese Methode in Wirklichkeit gemeinsame Ergebnisse blockiert werden, dann heißt das doch, dass Europa auf der Strecke bleibt.

Daher halte ich die Überlegung für völlig berechtigt, die da lautet: Es kann die Zukunft Europas nicht allein den Staats- und Regierungschefs überlassen werden, sondern es ist eine Art von Konvent, wodurch auch die Vorbereitung der Grundrechtscharta gekennzeichnet war, wahrscheinlich der bessere Weg, die unterschiedlichen Interessen Europas mit einzubringen, um dafür zu sorgen, dass es nicht immer ein Kampf einer Regierung gegen die andere ist, sondern die Interessen der Bürger und damit die Interessen Gesamteuropas in den Vordergrund gestellt werden.

Ich würde mich freuen, Herr Bundeskanzler, würde Ihre Ankündigung, eine breite Debatte auch in Österreich führen zu wollen, darin münden, dass die weitere Entwicklung Europas durch einen Konvent getragen ist und nicht durch eine Regierungskonferenz, denn das scheint mir für Europa der bessere Weg zu sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben darauf hingewiesen, dass im Zuge des Erweiterungsprozesses nicht nur positive Chancen für Österreich, sondern dass es da und dort auch Gefahren gibt, und zwar gerade in den Grenzregionen. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir, wenn wir über österreichische Grenzregionen sprechen, bedenken müssen, dass wir über österreichische Ballungszentren sprechen, denn sowohl Linz als auch Wien und Graz befinden sich in der Nähe jener Grenzen, die die Erweiterungsgebiete umfassen werden. Und damit reden wir über einen Lebens- und Wirtschaftsraum, in dem ein Großteil der österreichischen Bevölkerung lebt.

Daher muss gerade in Österreich bedeutend besser als anderswo diese Erweiterung vorbereitet werden, und zwar nicht nur durch Übergangsfristen, sondern auch durch die Bereitstellung der geeigneten Infrastruktur, die das Wachstum in diesen Regionen auch befördert, nicht nur durch Übergangsfristen, sondern auch durch eine konsequente Bekämpfung der illegalen Beschäftigung schon heute, und nicht nur durch das Abschieben an die Europäische Kommission, die nun Programme machen soll, sondern durch eine eigene Initiative der österreichischen Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern und den Sozialpartnern. Die Erweiterung wird für die Erweiterungsstaaten und für Österreich nur dann ein Erfolg werden, wenn sie gut


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