Der Übergang zur qualifizierten Mehrheit ist ein Thema, das die Außenministerin detaillierter besprechen wird. Mir ist wichtig gewesen, dass die sensiblen Punkte für uns voll gewahrt bleiben. Wasser, Raumordnung und Bodennutzung bleiben Materien der Einstimmigkeit, das heißt, da hat Österreich allein das Sagen. Das muss so bleiben, und zwar nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
In der Frage Verkehr, wo es um sensible Fragen – grundlegende Fragen, internationale Verhandlungen – geht, muss es Einstimmigkeit geben. Ich glaube, dass Sie mir zustimmen werden, wenn ich sage, das war immer ein Anliegen aller österreichischen Parteien, wo immer sie stehen mögen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) – Das haben wir voll gehalten, Frau Abgeordnete Lichtenberger, Sie können da ganz unbesorgt sein. (Abg. Dr. Lichtenberger: Transitvertrag!)
Was das Thema Asyl, Migration und Flüchtlingswesen betrifft, hat Österreich einen relativ kreativen Vorschlag eingebracht, der am Ende auch akzeptiert wurde. Es geht um das Erstrecht: Wenn die Europäische Union ihr Recht zum ersten Mal beschließt, dann muss dies einstimmig der Fall sein. Spätere Abänderungen können durchaus mit Mehrheit erfolgen. Das scheint deswegen sehr wichtig zu sein, weil niemand einen Blanko-Scheck darüber ausstellen soll, wie eine solche Asyl-, Flüchtlings- oder Migrationspolitik aussehen wird. Da wollen wir die Sicherheit haben, dass dies zunächst im Konsens geschieht. Es wird dies überhaupt ein ganz wesentliches Thema im Europa von morgen sein.
Der vierte Bereich, der ganz neu und entscheidend sein wird und der Europa weit über den Grad einer Wirtschafts- oder Zivilgemeinschaft hinaushebt, ist die Frage der Verteidigungs- und Sicherheitsunion. Hiezu hat es Vorbereitungen gegeben, die vor allem in den letzten Monaten sehr intensiv gewesen sind. Im November 2000 haben sich alle 15 Mitgliedstaaten zu glaubhaften und verbindlichen Zusagen durchgerungen, wie wir die europäische Position in diesem zivilen und militärischen Krisenmanagement verbessern können. Es sind die drei Gremien – das politische, das militärische und das Planungs-Komitee – jetzt permanent, dauerhaft und effizient eingerichtet worden. Wir haben Konsultationen mit allen möglichen Partnerorganisationen und Nachbarstaaten aufgenommen.
Was noch offen ist, ist der Teil, der eine Verpflichtung nicht nur für Soldaten mit sich bringt – Österreich hat sich zu 3 500 Soldaten verpflichtet, die wir im Krisenfall jederzeit einbringen können –, aber vor allem muss es auch einen Bereich geben ...
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (das Glockenzeichen gebend): Herr Bundeskanzler, wir haben in der Präsidialkonferenz eine Redezeit von 25 Minuten vereinbart; diese haben Sie jetzt ausgeschöpft.
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (fortsetzend): Darf ich noch zwei Schlusssätze hinzufügen? – Das ist deswegen wichtig, weil die Frage der Polizeieinheiten – da wird über 5 000 nachgedacht – unter schwedischem Vorsitz genauso beendet und geklärt werden soll.
Fünftens ist in Nizza eine Diskussion über die Zukunft Europas vereinbart worden. Diese soll nicht nur auf der Ebene der Regierungschefs starten, sondern da würde ich anregen, dass wir in Österreich mit dem Parlament, mit den Ländern, mit den Wissenschaftern und mit der Öffentlichkeit einen großen Diskussionsprozess auch bei uns starten, um festzulegen, welcher Beitrag Österreichs in diese Diskussion einfließen wird.
Ich hoffe sehr, dass Sie diesem Vertragserfolg von Nizza zustimmen. Wir werden uns noch öfter im Detail damit auseinander setzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
11.36
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen.In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über die Redezeit sowie über die Reihenfolge der Redner zum Tagesordnungspunkt 1 wie folgt erzielt: