Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 65

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Also der deutsch-französische Motor, der natürlich über uns drübergefahren wäre, um das im Klartext zu sagen, ist nicht gefahren. Wir haben unseren Sitz in der Kommission verteidigt, auch wenn die Kommission sich in dieser Sanktionenerfahrung nicht mit Ruhm bekränzt hat. Auch da kommt es sehr viel auf Menschen an. Ein Jacques Delors, ein aufrechter sozialdemokratischer Gewerkschafter, hätte nicht mit der Kommission unterstützt, wie mit Österreich verfahren wurde.

Meine Damen und Herren! Wir haben unsere Ziele in Nizza erreichen können. Wir haben den Sitz in der Kommission, wir haben ein Gewicht an Stimmen, das uns die Mitbestimmung sichert, es wird kein deutsch-französisches Direktorium geben, alle Staaten sind gleich. Es ist über österreichischen Vorschlag ein Verfahren eingerichtet, dass ein derart ungerechtes, rechtswidriges Sanktionsverfahren, ein Mobbing gegen ein Mitgliedsland nicht mehr vorkommen kann. Und schließlich ist der Grundsatz der Einstimmigkeit in ganz wichtigen Fragen erhalten geblieben, und zwar was das Wasser betrifft, was die Raumordnung betrifft, was unsere Atomenergiefreiheit betrifft. All das ist in Nizza von unserer Bundesregierung gesichert worden. Dabei hat sicherlich dieses Mobbing gegen Österreich geholfen, weil sich viele kleinere Länder gesagt haben, das darf es in Zukunft nicht mehr geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Gusenbauer! Ich wollte Ihnen noch sagen: Der Zweck heiligt nicht die Mittel. (Abg. Dr. Gusenbauer: Nein, das ist aber interessant!) Das haben Sie nicht gesagt, aber Sie haben ja seinerzeit mit Herrn Pierre Moscovici Champagner getrunken, und dort sind Sie bei dieser Gelegenheit dafür eingetreten, dass die Sanktionen über Österreich ein Jahr lang dauern und es ein internationales Monitoring geben solle. Ich verstehe schon, dass Sie darunter leiden, dass Sie nicht mehr in der Bundesregierung sitzen, es ist ein legitimer Zweck von Ihnen. Sie haben hier ja auch Taferl in die Höhe gehalten. Aber auch in diesem Fall muss ich Ihnen sagen, dieses aktionistische Mittel der Taferl können Jörg Haider und die Grünen besser als Sie anwenden. Die machen nettere Taferl. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie wollen natürlich wissen, wer der nächste Bundeskanzler oder die nächste Bundeskanzlerin sein wird. Das ist ein legitimer Zweck, aber dieser Zweck wird nicht durch das Mittel geheiligt, dass Sie im Ausland illegale Mittel, nämlich diese Sanktionen, mit Nichtfreunden Österreichs unterstützen. Handeln Sie in Zukunft als Patriot! Das sollte Ihr Lernprozess sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nizza ist der Beginn der Entwicklung einer europäischen Verfassung. Und ich habe dem Herrn Bundeskanzler sehr genau zugehört, als er diesen Verfassungsprozess skizziert hat. Ich glaube auch, dass wir dieses unübersichtliche Vertragswerk der Europäischen Union durch einen Verfassungsvertrag ersetzen sollten, in dem es europäisch geltende Grundrechte gibt, wo es eine Aufgabenteilung zwischen Brüssel, den nationalen Staaten, den Ländern und den Gemeinden nach dem Subsidiaritätsprinzip geordnet gibt, wo es eine genaue Regelung gibt, wie die Länder stärker an der Willensbildung beteiligt werden.

Ich glaube – und da habe ich dem Bundeskanzler zugehört, und das würde ich gerne verstärken –, dass wir das Verfahren des europäischen Grundrechtskonventes ergänzen sollten. Das war ein Grundrechtskonvent, in dem nichtentscheidungsberechtigte Experten, auch Politiker saßen. Die Folge davon war, dass diese Grundrechtscharta von keinem der großen Länder als verpflichtend und richtig angesehen wurde.

So kann das nicht gehen. Es muss bei dieser europäischen Verfassungsentwicklung das Europäische Parlament als Parlament eingebunden sein, und die nationalen Parlamente, also unser Nationalrat und unser Bundesrat, müssen in diese europäische Verfassungswerdung eingebunden werden. Herr Bundeskanzler, ich rechne damit, dass Ihre Zusage auch umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Der Vertrag von Nizza geht weiter. Es gibt ja einen Prozess danach. Mit den Sanktionen hat die österreichische Bevölkerung den Sturm überstanden, und ich möchte mich bei den Österreicherinnen und Österreichern auch für die Unterstützung bedanken, die uns geholfen hat, den Sturm zu überstehen.

Wissen Sie: Wenn irgendwo der Wind scharf bläst, dann gibt es die einen, die Unterschlupf suchen und die sich verstecken. – Unsere Bundesregierung aber hat diesen scharfen Wind da


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