Dieses Angebot von Michael Häupl wurde wenige Tage später vom damaligen Bundeskanzler Klima wiederholt und noch einmal deutlicher und ausführlicher dargelegt. Ganz zum Schluss ist, nachdem die Hoffnung schon im Schwinden war, der damalige Innenminister Schlögl diesbezüglich noch einmal an uns herangetreten.
Ich sage das deshalb, weil ich einfach nicht akzeptiere, dass Sie, Herr Kollege Gusenbauer, sich da herstellen und eine Art Um schreibung der Geschichte vornehmen. Das ist die Wahrheit, und das soll man auch sagen. So ist es gewesen und nicht anders. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Mindestens ebenso wichtig wie die Frage, wie diese Sanktionen zustande gekommen sind und wer daran beteiligt war, ist für mich aber auch die Frage, warum diese Sanktionen zustande gekommen sind. (Abg. Jäger: Warum?) – Das Warum werde ich Ihnen gleich sagen.
Die Sanktionen wurden damit begründet, dass man gesagt hat, man müsse europäische Werte verteidigen. Europäische Werte sind für mich: Solidarität, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung der Mitgliedstaaten, das Wahren von demokratischen Grundsätzen. Aber all diese europäischen Werte wurden durch die Verhängung der Sanktionen gröblichst verletzt. Am gröbsten wurde jener Grundsatz verletzt, der sagt: Der Souverän ist das Volk. Jedes Volk in jedem Mitgliedstaat hat das Recht, seine eigene Regierung zu bestimmen, und da gibt es keine Überinstanz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm zeigt ein Plakat mit der Aufschrift: "Wer ist der Nächste?")
Die EU-14 haben sich bei der Verhängung der Sanktionen also auf eine Macht berufen, die es gar nicht gibt, nämlich darauf, dass sie sozusagen eine Art moralische Überinstanz über demokratisch legitimierte Regierungen in den Mitgliedstaaten sind. (Abg. Silhavy zeigt ebenfalls ein Plakat mit der Aufschrift: "Wer ist der Nächste?") So etwas gibt es natürlich nicht, so etwas wird es auch in Zukunft in der Europäischen Union nicht geben. Und um es anders zu sagen, Frau Kollegin: Der König in diesem Fall war ziemlich nackt, splitterfasernackt im Falle der EU-14. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Den wirklichen Beweggrund für diese Sanktionen hat aber der deutsche Außenminister Joschka Fischer, der heute ja schon mehrmals zitiert wurde, ziemlich deutlich gemacht. Er hat nämlich damals gesagt: Den Österreichern – wohlgemerkt: Er hat nicht gesagt "der österreichischen Regierung", sondern "den Österreichern"! –, hat Joschka Fischer gesagt, muss eine Lektion erteilt werden! (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen.) – Und das war eigentlich der wahre Beweggrund, der dahinter gestanden ist, dass es ein paar Mächtige in der Europäischen Union gibt, die für sich selbst das Recht in Anspruch nehmen wollen, in Hinkunft darauf Einfluss zu nehmen, was in den einzelnen Regierungen der Mitgliedstaaten geschieht und wer regieren darf.
Die Lektion wurde aber Gott sei Dank anderen erteilt. Ich bezweifle auf Grund der heutigen Debatte jedoch, dass sie auch wirklich alle gelernt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Wenn man die Lektion gelernt hätte, Herr Klubobmann Van der Bellen, dürfte man nicht darüber philosophieren, ob es verschiedene Arten von Gewalt gibt – gute und schlechte (Abg. Dr. Van der Bellen: Das sagen Sie uns!), bessere, gefährlichere und weniger gefährliche, linke und rechte Gewalt; so in etwa waren Ihre Ausführungen. Gewalt ist immer zu verurteilen, egal, ob sie von links oder von rechts kommt. Da gibt es keine moralischen Qualifikationen, sondern von Gewalt muss sich jeder distanzieren. Ich bedauere sehr, dass Sie das nicht getan haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Jäger, Mag. Wurm und Huber zeigen neuerlich Plakate mit der Aufschrift: "Wer ist der Nächste?")
Wer der Nächste ist, Frau Kollegin, kann ich Ihnen gerne sagen: Der Nächste auf der Rednerliste ist Herr Kollege Einem! – Das ist ein Gratisservice der Regierung, da in der sozialdemokratischen Fraktion offensichtlich keine Rednerlisten verteilt wurden. Also: Der Nächste ist Caspar Einem. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)