Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 74

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sehr wohl auf die Entwicklung unserer osteuropäischen Nachbarländer schauen, dass aber diese Erweiterung nicht zu Lasten Österreichs und seiner Bürger gehen darf. Und dafür wird sich auch diese Regierung einsetzen! Diese Versicherung können wir geben.

Im Post-Nizza-Prozess ist auch klar – das gefällt mir als österreichischem Parlamentarier –, dass es eine stärkere Einbeziehung auch der nationalen Parlamente in den Entscheidungsprozess der EU geben soll. Es ist richtig, in vielen Bereichen, auch in aktuellen Bereichen der Landwirtschaft, zu einer stärkeren Einbindung nationaler Parlamente zurückzukehren.

Die Kompetenzabgrenzung zwischen der Europäischen Union und den nationalen Parlamenten ist wichtig, ist richtig und soll auch noch vertieft werden.

Zum Schluss meiner Ausführungen danke ich – auch das muss einmal gesagt werden – den Mitgliedern des Hauptausschusses, des "Feuerwehrkomitees", das am Sonntag mit den Verhandlern, mit der Regierung in Nizza in Kontakt stand; der sozialistische Vertreter jedoch war leider nicht anwesend. Aber das Parlament hat Stärke, hat Flagge gezeigt, und dafür herzlichen Dank! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Vizekanzler Dr. Riess-Passer. (Abg. Schieder  – in Richtung Freiheitliche –: Bitte nehmen Sie das Bild weg, Herr Kollege! – Abg Ing. Westenthaler entfernt das auf dem Rednerpult stehende Foto. – Weitere Zwischenrufe.)

12.41

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es war heute in dieser Diskussion um die Ergebnisse des Gipfels von Nizza und alles, was damit zu tun hat oder angeblich damit zu tun hat, sehr oft von europäischen Werten die Rede. Ich glaube, dass das jener Begriff ist, der im vergangenen Jahr wahrscheinlich am inflationärsten verwendet und auch am meisten fehlinterpretiert wurde.

Europäische Werte wurden angeführt als Begründung für die gegen Österreich verhängten Sanktionen – das ist heute schon vielfach gesagt worden –, und da gibt es Aufklärungsbedarf darüber, wie diese Sanktionen verhängt wurden. Es gibt auch verschiedene Publikationen, die in den letzten Tagen und Wochen erschienen sind, die einige sehr interessante Aspekte enthalten. Einer dieser Aspekte ist ja auch heute schon angesprochen worden, nämlich die Beteiligung aus Österreich oder die Anregung aus Österreich, die es in diesem Zusammenhang gegeben hat. Auch diesbezüglich ist, glaube ich, dringender Aufklärungsbedarf gegeben.

Ich darf heute in diesem Zusammenhang auch einen kleinen Beitrag zur historischen Wahrheit leisten, weil es schon öfter angesprochen wurde und weil es wichtig ist, das auch darzulegen, nämlich zur Frage der Regierungsbildung in Österreich und der verschiedenen Facetten, die es da gegeben hat, und auch zur Frage einer allfälligen Unterstützung einer SPÖ-Minderheitsregierung durch die Freiheitliche Partei.

Ich möchte hier noch einmal ganz deutlich sagen – ich habe das schon mehrmals gesagt; es ist auch unwidersprochen geblieben, weil es die Wahrheit ist –: Selbstverständlich hat es dieses Angebot an die FPÖ gegeben. Es ist uns dieses Angebot nicht nur von Herrn Schlögl übermittelt worden, sondern der Erste, der dieses Angebot oder dieses Ansinnen an uns herangetragen hat, war der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP), der gemeint hat, es sei doch im Interesse des Landes, eine solche Minderheitsregierung der SPÖ zu unterstützen, dafür drei oder vier von den Freiheitlichen als Vertrauensleute empfundene Personen in eine solche Regierung zu entsenden, und dann, nach einer gewissen Zeit, gemeinsam eine Regierung zu bilden, gemeinsam eine Koalition zu bilden, wenn – wie damals gesagt wurde – die SPÖ bis dahin das internationale Image der FPÖ ein bisschen aufpoliert hätte und dem nichts mehr entgegenstünde.


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