Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 87

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Sie haben nicht dazu gesagt, dass als die wesentliche Begründung zur Empfehlung der Aufhebung der Maßnahmen der EU-14 seitens der "drei Weisen" folgende genannt wurde: Durch die Wirkung der Sanktionen nach innen, durch die Art der Darstellung dieser Maßnahmen nach innen, wurden verstärkt nationale Gefühle im Land geweckt, und man wollte dem ein Ende setzen.

Wenn wir uns das vergangene Frühjahr vor Augen halten, dann fällt auf, dass Sie immer dann, wenn Sie politisch in Bedrängnis waren, wenn Sie Belastungen im Parlament darlegen mussten, die Debatte über die Maßnahmen der EU-14 in der Form hervorgezaubert haben, wie Sie es auch heute wieder versucht haben. Daher stellt sich mir die Frage: Warum versuchen Sie heute wieder, diesen Nebelvorhang vor die aktuelle Politik zu ziehen? – Es liegt auf der Hand, dass Sie offensichtlich Gründe dafür haben, denn diese Woche ist – in allen Medien und öffentlichen Diskussionen – von der Bilanz über ein Jahr Ihrer Politik, über ein Jahr Wendepolitik geprägt.

Da muss man sich die Frage stellen, was in diesem Jahr passiert ist und wie Ihre Politik heute in einem "Weisen"-Bericht bewertet werden würde. Was als Bilanz Ihrer Politik in diesem Jahr bleibt, ist ein gnadenloser Machtrausch, eine Politik, die die Ärmeren ärmer macht und die Reichen reicher, gesellschaftspolitische Rückschritte, bewusste Spaltung der Gesellschaft als Instrument der Politik und viel Inszenierung.

Einen gnadenlosen Machtrausch mussten wir vor wenigen Tagen bei einer gespenstischen Veranstaltung in Oberlaa beobachten (Abg. Achatz  – auf leere Bankreihen der SPÖ weisend –: Ihre Rede interessiert nicht einmal Ihre eigenen Kollegen! Ihre Anschüttungen interessieren nicht einmal die eigenen Kollegen!), wo Frau Riess-Passer in martialischer Art und Weise den Kopf des Herrn Sallmutter forderte. Ich will den Kopf des Herrn Sallmutter, ich will ein Opfer sehen, sagte sie. (Ruf bei der SPÖ: Zuhören! – Abg. Achatz: Alles leer bei der SPÖ!)

Ich glaube schon, dass Ihnen das alles unangenehm ist, aber es schildert einfach die Realität, Frau Kollegin. (Abg. Achatz: Das interessiert niemanden, nicht einmal die eigenen Kollegen!)  – Ich lasse mir von Ihnen das Wort nicht nehmen, nur weil es Sie nicht interessiert. Sie können den Saal verlassen, wenn es Sie nicht interessiert, was ich bedauern würde, Frau Kollegin! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Achatz: Ich wollte Sie nur aufmerksam machen! – Abg. Schieder: Gebt eine Ruhe!)

Sie machen eine Politik, mit der die Armen ärmer gemacht werden. Ich erinnere an das Paket über die "soziale Treffsicherheit". (Abg. Mag. Posch hält ein Tafel mit der Aufschrift "Wer ist die Nächste?" in die Höhe. – Abg. Achatz: Wer ist die Nächste?) Bisher haben wir in diesem Land unter "sozialer Treffsicherheit" verstanden, dass darüber nachgedacht wird, wie diejenigen, die die Unterstützung des Staates besonders brauchen, diese auch wirklich bekommen. Seit Sie regieren, wissen wir, "Treffsicherheit" heißt, jene zu treffen, die am schlechtesten dran sind.

Gesellschaftspolitische Rückschritte, bewusste Spaltung der Gesellschaft – lesen Sie nach in den Kommentaren der Zeitungen! Es wird seit einem Jahr vor allem der Klimawechsel in diesem Land diskutiert. Zum ersten Mal mussten wir erleben, dass in diesem Land Vertreter einer politischen Partei systematisch ein Spitzelwesen aufgebaut haben und all jene in Polizei und Justiz, die beauftragt waren, dieses Spitzelwesen aufzudecken, bedroht und eingeschüchtert haben.

"Einschüchterung" ist überhaupt ein wichtiges Wort im Zusammenhang mit Ihrer Politik. Es wird breitflächig gegen alle, die es wagen, anders zu denken, mit unterschiedlicher, oft struktureller Gewalt vorgegangen. Frau Vizekanzlerin! Das haben Sie nämlich in Ihrer Auflistung vergessen, zu erwähnen: strukturelle Gewalt – das ist ein Klavier, auf dem Sie gerne spielen. Und Einschüchterung ist da ein wesentliches Element.

Welche Rolle spielt der Herr Bundeskanzler? Damit würde ich mich auch noch gerne auseinander setzen. – Herr Bundeskanzler! Sie sind vor einem Jahr mit dem Versprechen angetreten, die FPÖ zu zähmen. Ziehen wir doch auch da eine kurze Zwischenbilanz, wer wen gezähmt hat! Sie, Herr Bundeskanzler, stehen heute als Moderator des freiheitlichen Machtrausches da. Wenn die Frau Vizekanzlerin in Oberlaa nach dem Kopf des Herrn Sallmutter ruft,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite