Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 101

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sein, denn sie haben in Nizza die Interessen unseres Landes und seiner Bevölkerung sehr erfolgreich vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das betrifft, meine Damen und Herren, die behutsame Ausdehnung von Mehrheitsentscheidungen in jenen Bereichen, wo dies sinnvoll war; gleichzeitig konnte aber in den sensiblen Bereichen wie der Einwanderungspolitik, der Asyl- und Flüchtlingspolitik das Prinzip der Einstimmigkeit erhalten bleiben. Es ist auch gelungen, in der wichtigen Frage der Wasserbewirtschaftung, der Raumordnung und der Bodennutzung die vitalen österreichischen Lebensinteressen wirksam zu schützen.

Wäre es, meine Damen und Herren, nach den Vorstellungen der linken Opposition – der Sozialdemokraten und auch der Grünen – gegangen, dann wäre dieses Verhandlungsergebnis wohl nicht erzielt worden, denn sie waren für die Aufgabe des Einstimmigkeitsprinzips, sie hätten unser Wasser europäischen Mehrheitsabstimmungen ausgeliefert, und sie hätten auch in der Asylpolitik wie schon in den Jahren davor die Grenzen weit aufgestoßen. – Es waren also die Regierungsparteien, die durch das Beharren auf der Vetomöglichkeit Schaden von unserem Land abgewendet haben.

Als besonderer Erfolg Österreichs ist mit Sicherheit die Novellierung des Artikels 7, den die Frau Vizekanzlerin auch schon angesprochen hat, im EU-Vertrag zu bewerten. Gegen den Widerstand Frankreichs konnte eine Änderung dieser Bestimmung erreicht werden. Wir erinnern uns: Unter Berufung auf den Artikel 7 waren im Februar vergangenen Jahres von 14 EU-Staaten die Sanktionen gegen Österreich verhängt worden, ohne dass wir zu den absurden Vorwürfen auch nur hätten Stellung nehmen können. Das ist jetzt, nach Nizza, nicht mehr möglich, weil das Anhörungsrecht verankert worden ist. Überdies unterliegt ein solches Verfahren in Hinkunft, wie wir wissen, der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofes.

 

Aber auch bei der Reform der EU-Kommission ist ein wichtiges Ziel erreicht worden. Die Individualverantwortung der Kommissare wurde endlich durchgesetzt. Das heißt, dass nicht die gesamte Kommission wie seinerzeit unter Santer zurücktreten muss, wenn sich einzelne Kommissare Verfehlungen zu Schulden kommen lassen. Jetzt kann der Kommissionspräsident unfähige oder korrupte Kommissare auch einzeln entlassen.

Der Anlass für die Regierungskonferenz in Nizza war die notwendige Institutionenreform, die die Europäische Union in die Lage versetzen sollte, ab einem bestimmten Zeitpunkt weitere Staaten als Mitglieder aufzunehmen. Der Weg dorthin, meine Damen und Herren, ist aber zweifellos noch weit, denn es liegt nun an den Kandidatenländern selbst, jene Reformen rasch durchzuführen, die sie zur Erfüllung der Beitrittskriterien brauchen. Es wird von diesen Staaten, und ich hoffe, von diesen Staaten alleine abhängen, wann sie den gemeinschaftlichen Rechtsbestand einhalten können. Die Beitrittsfähigkeit – und darüber soll sich niemand täuschen – besteht erst dann, wenn die Voraussetzungen dafür objektiv erbracht sind und die Sicherheit gegeben ist, dass das Gemeinschaftsrecht auch tatsächlich angewendet wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine überhastete – und damit komme ich schon zum Schluss –, schlecht vorbereitete Ost- und Südosterweiterung nützt weder der Europäischen Union noch den Beitrittswerbern. Ich bin aber überzeugt davon, dass die österreichische Bundesregierung im so genannten Nach-Nizza-Prozess ähnlich erfolgreich sein wird wie vor dem Regierungsgipfel. Es ist wichtig, die Interessen der österreichischen Bevölkerung weiterhin so nachdrücklich wie bisher zu vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lunacek und Genossen betreffend Neutralität, Sicherheitsdoktrin und Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union.


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