Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 118

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kratie geht es Ihnen darum, möglichst vielen Interessen Rechnung zu tragen. Wissen das die Wiener auch? Weiß das auch Herr Landeshauptmann Häupl? – Denn im Gegensatz zum Wiener Landtag besteht hier im Nationalrat, und zwar seit Jahrzehnten, die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, doch Sie tun so, als ob die Demokratie plötzlich den Bach hinuntergehen würde. (Abg. Dr. Einem: Die Wiener haben es als Minderheitsrecht!)

Seit zirka 13 Jahren sind die Beratungen sogar medienöffentlich, und 1997 – erinnern Sie sich noch? – wurde eine eigene Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse im Einvernehmen mit der SPÖ und den Grünen installiert. Diese Verfahrensordnung wird derzeit im Untersuchungsausschuss betreffend "Euroteam" getestet. Dieser Ausschuss hat erst vor einigen Monaten mit der Arbeit begonnen beziehungsweise seine Arbeit aufgenommen. Und ich muss schon feststellen, dass damit erstmals seit zehn Jahren ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. In den neunziger Jahren haben Sie, die SPÖ, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen immer wieder verhindert.

Wir wollen diesen Untersuchungsausschuss in Ruhe arbeiten lassen und daraus auch Erkenntnisse gewinnen. Dieser Ausschuss bindet gewaltige Kapazitäten des Klubs, und ich darf Sie daran erinnern, dass, um diese bewältigen zu können, die Regierungsparteien sogar Oppositionsanträgen auf Zurverfügungstellung von zusätzlichen Budgetmitteln im Budgetausschuss zugestimmt haben. Das heißt, die Opposition hat zusätzliche Mittel verlangt, und wir haben dem zugestimmt.

Es war immer schon unsere Auffassung, dass man in ein laufendes Verfahren nicht eingreifen soll, und wir wollen daher die aus dem laufenden Untersuchungsausschuss gewonnenen Erfahrungen abwarten. Sollte sich allerdings dabei die Notwendigkeit für eine Verbesserung ergeben, so sind wir von der ÖVP natürlich sehr gerne bereit, darüber in intensive und seriöse Gespräche einzutreten.

Ein Minderheitsrecht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, das Sie so sehr monieren, ist in Europa, mit Ausnahme Deutschlands (Abg. Dr. Einem: Und Wien!), unbekannt. Aber selbst das angebliche Minderheitsrecht im Deutschen Bundestag ist eigentlich nur ein theoretisches, da in diesem Gremium im Gegensatz zu unserem Parlament eine hohe Konsenskultur herrscht, was ja leicht festzustellen ist, und dort der Untersuchungsauftrag in der Regel einvernehmlich festgelegt wird. Außerdem kennt das deutsche Verfassungsrecht die im österreichischen Recht unbekannte Organklage, die beim Vergleich mit Deutschland auch in Österreich geprüft werden müsste. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Im Übrigen ist das österreichische Parlament in der Ausstattung mit Minderheitsrechten eigentlich Spitzenklasse in Europa. So hat beispielsweise der Deutsche Bundestag im Vergleich zu Österreich keine Möglichkeit, Rechnungshof-Sonderprüfungen und dergleichen anzuordnen. Alles in allem genommen sehen wir von der ÖVP daher keine Notwendigkeit, dem Fristsetzungsantrag der SPÖ zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Er hat das Wort.

15.59

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist immer interessant zu beobachten, wie man mit dem Standort letztlich auch den Standpunkt wechselt, was man bei der SPÖ immer dann bemerkt, wenn sie als jetzige Oppositionspartei plötzlich Demokratie entdeckt (Abg. Dr. Kostelka: Ich habe das schon als Vertreter der Regierungspartei gefordert!)  – ich kann Ihnen zitieren, was Sie gefordert haben –, wenn sie Verfassung entdeckt, wenn sie die Geschäftsordnung entdeckt. (Abg. Dr. Kostelka: Habe ich das getan oder nicht?)

Gerade mit der Geschäftsordnung, Herr Kollege Kostelka, stehen Sie am meisten auf dem Kriegsfuß. Sie können nämlich nicht einmal einen Antrag richtig einbringen, wie wir gemerkt haben. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist leicht primitiv!) Lernen Sie einmal die Geschäftsordnung, die Sie selbst beschlossen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Nach welchem


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