Meine Damen und Herren! Wir lassen es nicht zu, dass wichtige Forderungen an unsere Bundesverfassung mit weniger wichtigen junktimiert werden und Ausschussberatungen nur stattfinden, wenn wir diese Junktims akzeptieren. Das werden wir nicht gestatten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Und Sie bestimmen, was wichtig ist?!)
Die Italiener haben ein Sprichwort: Quando il sol‘ tramonta l‘asino s‘impunta! Übersetzt, auf Deutsch: Am Abend wird der Faule fleißig! Erst als wir diesen Fristsetzungsantrag angekündigt haben, ist Herr Kostelka plötzlich fleißig geworden, und er hat heute Fristsetzungsanträge auf die Tagesordnung gesetzt, die sonst nie auf die Tagesordnung gekommen wären. Nur unterscheiden sich diese von den unseren: seine werden abgelehnt, und unsere werden angenommen. Das ist eben der Unterschied. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir haben auch plötzlich einen Brief bekommen, man könnte eine Sitzung des Verfassungsausschusses am 2. Februar abhalten, also übermorgen. "Wenn die Sonne zwischen den Bergen ist, wird der Esel fleißig!" – so lautet das italienische Sprichwort. Gegen Ende der Woche sollen wir das machen. Plötzlich gibt es Termine, weil man natürlich das Licht der Öffentlichkeit scheut. – So wird das aber nicht gespielt werden!
Wir haben am 1. März 2000 Anträge gestellt, die folgenden Inhalt hatten: Wir wollen, dass Volksbegehren, die von 15 Prozent der Wahlberechtigten unterstützt werden, zwingend zu einer Volksabstimmung führen. Eigentlich wollten wir 10 Prozent. Aber als wir das seinerzeit mit den Sozialdemokraten für eine gemeinsame Regierungsprogrammatik vereinbart haben, haben die Sozialdemokraten gesagt: 10 Prozent – das kommt überhaupt nicht in Frage. Wir können nur 15 Prozent machen. – Gut, haben wir gesagt, wenn wir damit die Verfassungsmehrheit bekommen, 15 Prozent. Auch da muss ich sagen, dass die größeren Volksbegehren natürlich alle zur Volksabstimmung geführt hätten, denn bei zirka 5 Millionen Wahlberechtigten sind das 750 000 Unterschriften; das Frauen-Volksbegehren, das Tierschutz-Volksbegehren, das Atom-Volksbegehren, eine ganze Reihe von Volksbegehren hätte dann zu einer Volksabstimmung geführt.
Präsident Fischer und Herr Gusenbauer sind ja auch zu Anhängern der direkten Demokratie geworden. Die letzten Anregungen zu Volksabstimmungen kamen von diesen beiden Herren in der Frage der Budgetbegleitgesetze. Wenn man hier für die direkte Demokratie ist, dann bitte immer und überall – und nicht nur dann, wenn man sicher ist, dass der eigene Vorschlag – hoffentlich, Gott sei Dank! – ohnehin abgelehnt wird. So war es doch bitte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Zweiter Vorschlag war die Einführung der Briefwahl. Natürlich brauchen wir dringend die Briefwahl, die durch ein Verfassungsgesetz einzuführen ist, weil der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, das müsse so sein. Österreich ist eines der ganz wenigen Länder, das die Briefwahl nicht kennt. In anderen Ländern stimmt man schon per E-Mail ab, und wir fahren immer noch mit der Postkutsche. Das ist ja unglaublich! Und warum? – Weil die Sozialdemokraten mir gesagt haben: Das kostet uns ein Mandat. (Abg. Schieder: Nein!) – Zwei, meinen Sie, Kollege Schieder? Ich weiß das nicht. (Abg. Schieder: Nein, eben nicht!) Ich wäre an Ihrer Stelle nicht so pessimistisch. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Stellen Sie gleich auf E-Mail um!)
Aber das kann doch nicht wirklich davon abhängen, ob es ein Mandat bringt oder nicht, sondern man muss doch danach trachten, dass möglichst viele Menschen von ihrem demokratischen Grundrecht Gebrauch machen können. Daher werden wir für die Briefwahl eintreten, mit allem, was wir können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sicher! Überhaupt kein Problem!) Das werden wir sehen! (Abg. Dr. Gusenbauer: Wenn Sie sehen können, werden Sie sehen!) Spätestens am 30. Juni werden wir über die Briefwahl abgestimmt haben, und dann werde ich sehen, Kollege Gusenbauer, ob Sie der Einführung des Briefwahlrechtes zustimmen oder nicht.
Interessant ist ja auch, dass bei dieser Fristsetzungsdebatte zuerst über den Untersuchungsausschuss geredet wurde. Bitte: Die Briefwahl haben wir nicht, aber einen Untersuchungs