Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 130

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fälschlicherweise! – für die Kammern diese hoheitlichen Tätigkeiten behaupten. Aber Sie wollen lieber durch die Europäische Kommission vor den Kadi, vor den Europäischen Gerichtshof vorgeladen und verurteilt werden in einer Sache, die von den Menschenrechten her betrachtet mehr als peinlich ist, gerade für diese Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen.)

16.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeiten betragen ab jetzt 5 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

16.49

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich einleitend feststellen, dass die sozialdemokratische Fraktion diesem Fristsetzungsantrag zustimmen wird. Die Thematik drängt, sie drängt seit vielen Jahren. Ich erinnere daran, dass es die frühere Sozialministerin Lore Hostasch war, die einen Antrag bereits fix und fertig im Ministerrat eingebracht hatte, mit dem das Wahlrecht im Bereich der Arbeiterkammerwahlen geregelt werden sollte, und dass es die Volkspartei war, die das damals nicht zugelassen hat. (Abg. Dr. Khol: Bin ich heute noch stolz darauf!)

Ich denke, Herr Kollege Khol, es gibt wenig Grund, stolz darauf zu sein, wenn aus Europa dann die Antwort kommt – gerade für einen, der immer sagt, er sei ein Europäer – und uns eindeutig den Auftrag gibt, dieser demokratiepolitischen Forderung Rechnung zu tragen.

Aber es gibt bei dieser Geschwindigkeit, bei der Reformgeschwindigkeit, welche die neue Regierungskonstellation an den Tag legt, große Unterschiede. Es gibt Themenbereiche, da hat man es furchtbar eilig, da geht es wirklich ganz, ganz schnell. Wenn ich etwa die Hochschülerschaft hernehme – das ist auch in diesem Antrag drinnen, und es gibt heute Abend dann noch einmal einen Antrag von uns über das passive Wahlrecht bei den Hochschülerschaftswahlen –: Das geht in die neunziger Jahre zurück. Anfang der neunziger Jahre gab es die ersten Beschlüsse der Österreichischen Hochschülerschaft, meist einstimmige Beschlüsse aller Fraktionen, also auch jener, die der ÖVP zugezählt werden, auch jener, die den Freiheitlichen zugeordnet werden, aller Fraktionen bei den Hochschülerschaftswahlen, man solle dort das passive Wahlrecht für alle Studierenden einführen.

Zehn Jahre vergehen, elf Jahre vergehen. Es kommt eine neue Regierungskonstellation, die es besonders eilig mit den Reformen hat – und wieder nichts mit diesen Vorschlägen der Hochschülerschaft! Kollege Graf! Wenn ich daran denke, mit welcher Schnelligkeit der Wunsch der Hochschülerschaft erfüllt wurde, das "e-voting" einzuführen! Das hatten Sie in den entsprechenden Gremien noch gar nicht richtig behandelt, sondern es hat nur der ÖH-Vorsitzende in einem Gespräch im Ministerium gemeint, das hätten sie gerne – und schon war es im Gesetz drinnen.

Ich sage da gar nichts Negatives gegen dieses "e-voting", überhaupt, wenn es entsprechend verfassungsrechtlich abgesichert ist, aber da ist es auf einmal schnell gegangen. Beim Wunsch auf Mitbestimmung hingegen geht es ganz, ganz langsam, weil Mitbestimmung und Ausbau der Demokratie offensichtlich keine Anliegen sind, die diese neue Regierung zu vertreten gedenkt, sondern das Gegenteil ist der Fall. Nicht die Mitbestimmung aus bauen, sondern ab bauen ist Ihre Devise. Daher haben Sie hier kein Tempo.

Aber auch in anderen Bereichen haben Sie absolut keine Eile. Heute lesen wir, dass auch das Road-Pricing für LKW wieder verschoben wird. Nach zweijährigem Nachdenken, nachdem Minister Farnleitner das schon einmal entschieden hatte, sagt man wieder: Jetzt schauen wir uns einmal in Ruhe an, ob da nicht auch elektronische Systeme in Frage kämen. – Nichts gegen elektronische Systeme, aber Sie verhindern damit seit Jahren, dass die LKW die Schäden, die sie verursachen, auch bezahlen.

Das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber da gibt es keine Eile, da gibt es nur Verzögerungspolitik von einem Monat auf das andere, von einem Jahr auf das andere.


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