Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 132

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Ich darf auch ein bisschen an das Gedächtnis meines Vorredners appellieren. Im Jahre 1998 wurde das Arbeiterkammergesetz, das das passive Wahlrecht für Nicht-Österreicher verweigert, mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ in diesem Hohen Haus beschlossen. Bitte, vergessen Sie in diesem Zusammenhang auch nicht, dass Ministerratsentscheidungen einstimmig fallen.

Ich sehe daher nicht ein, aus welchem Grund die sozialdemokratische Fraktion bei gleicher Rechtslage heute einen völlig anderen Standpunkt einnimmt und diesen auch noch binnen eines Monats durchbringen will.

Und vergessen Sie letzten Endes nicht, es haben vor etwa fünf Jahren Mitgliederbefragungen in den Arbeiterkammern stattgefunden, und die Mitglieder haben sich mit überwältigender Mehrheit zur Weiterexistenz der auf Pflichtmitgliedschaft beruhenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften Arbeiterkammern entschlossen. Werfen Sie das nicht leichtfertig über Bord! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Gleiche Redezeit.

17.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Reden der Herren Abgeordneten Öllinger und Niederwieser habe ich mir gedacht, der Wunsch ist der Vater des Gedankens, da sie offensichtlich annehmen oder hoffen, dass der Europäische Gerichtshof in ihrem Sinn entscheiden wird.

Tatsächlich ist es doch so – das wissen Sie ganz genau! –, dass es um die Auslegung eines Artikels im EU-Vertrag geht. Die EU hat überhaupt nicht erfasst, dass es so etwas wie eine Zwangsmitgliedschaft bei einer Körperschaft gibt, denn das ist wirklich etwas Einmaliges in ganz Europa. Sie hat wahrscheinlich geglaubt, es handelt sich um den ÖGB, wo man nicht mitwählen darf. Aber eine Zwangsmitgliedschaft war so weit außerhalb des Denkbereiches der EU-Fachleute, dass man eben zu einer falschen Entscheidung gekommen ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Niederwieser hat geradezu vorwurfsvoll gesagt, dass die Freiheitlichen keine Zwangsmitgliedschaften wollen. Natürlich wollen wir das nicht! Sie wissen ganz genau, dass wir schon seit langem sagen, dass, wenn man einer Interessenvertretung angehören möchte, dies freiwillig erfolgen, aber niemals auf Zwang beruhen soll, wie das in Österreich üblich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass wir überhaupt in die Lage gekommen sind, über diese ganze Problematik zu diskutieren, haben wir der ehemaligen Sozialministerin Hostasch zu verdanken, weil diese nämlich, ohne mit irgendjemandem Einvernehmen herzustellen, die in einem Brief der EU-Kommission dargelegte Ansicht geteilt hat und gesagt hat, das sei auch ihre Ansicht. Ihre rein subjektive politische Ansicht hat Frau Hostasch gewissermaßen als Ansicht des österreichischen Parlaments hingestellt. (Abg. Silhavy: Das kann ja wohl nicht wahr sein! Das kann doch nicht Ihr Niveau sein, Frau Dr. Partik-Pablé!)

Frau Silhavy! Es ist nicht so, dass das nicht wahr sein darf, sondern das ist ganz einfach wahr. Überzeugen Sie sich! Führen Sie in Ihrer Fraktion Gespräche mit den Leuten, die sich auskennen, und die werden Ihnen das bestätigen, was ich sage.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Grundrechtsproblematik betrifft, hat mein Vorredner schon darauf hingewiesen, dass das Wahlrecht ein Staatsbürgerschafts recht ist. Es muss doch jedem Staat freistehen, seinen Staatsbürgern besondere Rechte einzuräumen und auch den Status von Bürgern, die ausländischer Herkunft sind, festzulegen und anders, divergierend zu gestalten. Dieses Recht nimmt natürlich auch Österreich für sich in Anspruch und hat eben kein Wahlrecht für die Arbeiterkammerwahlen und kein Wahlrecht in einem gewissen Teil für die Hochschülerschaftswahlen festgelegt. Man kann doch diese Grundsatzfrage, welche


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