Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 138

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einschlägig bewanderten Journalisten dazu übergehen, zu sagen, dass Österreich ein "Medien-Kongo" ist, weil es noch immer kein Privat-TV-Gesetz gibt. Dafür sind Sie verantwortlich. Sie sind verantwortlich dafür, dass Sie dreimal im Bereich des Privatradios einen Murks gemacht haben, dass die Privatradiobetreiber in Österreich noch immer nicht im Besitz von endgültigen Bescheiden sind, da diese zweimal aufgehoben wurden. Sie sind dafür verantwortlich, dass Hunderte Millionen Schilling in den Sand gesetzt wurden – frustrierte Investitionen, Stranded Investments nennt man das. Sie sind auch dafür verantwortlich, dass der Einzige, der sich in den vergangenen Jahrzehnten in diesem Land ernsthaft mit Medienfragen befasst hat, der Verfassungsgerichtshof ist, der zum Ausdruck gebracht hat, dass er gerade im Bereich des Privat-TV-Gesetzes nicht einschreiten kann, weil er nicht dazu da ist, eine gänzliche Säumigkeit des Gesetzgebers zu substituieren. Er kann nur im Einzelfall einschreiten. – Das sollte Ihnen zu denken geben.

Darum appelliere ich an Sie: Geben Sie Ihre Blockadepolitik auf! Werfen Sie Ihren Arbeitstitel "Metternich-Behörde" – diesen derart lächerlichen Arbeitstitel – weg! Metternich gibt es nicht mehr. "Metternich" ist heute nur mehr eine Sektsorte. Werfen Sie ihn über Bord! Treten Sie in vernünftige Verhandlungen ein! Vielleicht können wir dann in den kommenden Wochen noch zu einer breiten, konsensualen Lösung kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.29

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Speed kills. Speed kills – quality in diesem Fall. Das wäre ein Gesetz, ein Vorhaben gewesen, das nicht nur lange Zeit verhandelt gehört, sondern auch in den zuständigen Gremien ordentlich behandelt gehört hätte.

Das ist eine Materie, die nach einem Unterausschuss schreit – nach Hearing, nach Beiziehung von Fachleuten, nach dem Einholen von Expertenmeinungen. (Abg. Ing. Westenthaler: Nach vielen Jahren!) Das kann sehr rasch geschehen. Wir haben hier schon in ein, zwei Tagen Hearings abgeführt.

Nein, Ihnen ist es darum gegangen, das sehr schnell über die Bühne zu bringen und nicht auf die tatsächlichen Fragen einzugehen. Bei einer Medienbehörde wäre es doch wichtig gewesen, auch über den Umfang der Tätigkeit der Behörde ein bisschen zu diskutieren. Klar ist, dass es nach Ihrem Vorschlag eine Behörde für Telekom und audiovisuelle Medien werden soll.

Die Frage wäre: Inwieweit geht es, das Internet und die künftige Verknüpfung hineinzunehmen? – Das wäre eine hochinteressante und wahrscheinlich auch rechtlich relevante Frage gewesen. Es wäre die Frage zu stellen gewesen: Wie weit kann und darf der ORF in manchen Bereichen vertreten sein, wenn seine Partner und auch Konkurrenten in dieser Landschaft, die Privaten aus Deutschland und auch die Öffentlichen aus Deutschland, die über Kabel in Österreich vertreten sind, nicht darunter fallen?

In großen Ländern, die ein Markt für sich sind, in denen es kaum einen ausländischen Einfluss gibt, ist es klar, dass das keine offenen Fragen bei einer Medienbehörde sind. In einem kleinen Land, in dem ein Teil der Medienlandschaft vom Ausland importiert wird, ist das sehr wohl eine Frage, ob es richtig ist, einen österreichischen Teil zu regeln und den anderen Teil, gerade den ausländischen Teil, ungeregelt zu lassen, ob dadurch nicht eine falsche, eine schlechte, eine unfaire Konkurrenzsituation geschaffen wird. – All das hätte in aller Ruhe beraten gehört, aber das wollten Sie nicht.

Unsere Sorge ist, dass Sie das Ganze deshalb so schnell und in dieser Form haben wollten, weil Sie auch auf diesem Weg einen Einfluss auf den ORF und seine Berichterstattung gewinnen wollen. Sie haben gefragt: Wie soll denn das von diesem Gesetz aus in Bezug auf den ORF gehen? – Das ist folgendermaßen konstruiert, Herr Staatssekretär: Wenn eine Verletzung des Rundfunkgesetzes zu beraten ist, dann macht das jetzt die richterliche Behörde, die Rundfunk


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