Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 176

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

20.08

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn innerhalb nicht einmal eines Jahres zwei so wichtige und sensible Themen wie die Einigung über die Zwangsarbeiterfrage und die Restitution in der Nazizeit enteigneten jüdischen Vermögens in schwierigen internationalen Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden konnten, dann erlauben Sie mir, dass ich das wirklich als einen Erfolg bezeichne, nicht nur für die Leistungsbilanz dieser Bundesregierung – ich möchte auch hier sehr deutlich die Rolle und die Unterstützung durch die Frau Vizekanzlerin und durch den Herrn Finanzminister zum Ausdruck bringen –, sondern das ist ein gemeinsamer Erfolg. Ich möchte mich auch sehr dafür bedanken, dass jedenfalls am Anfang dieser Debatte von den wichtigsten Rednern diese Gemeinsamkeit auch beeindruckend festgestellt und festgehalten wurde. Das ist ein Zeichen für einen noch immer existierenden rot-weiß-roten Konsens, und dafür danke ich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verschweige Ihnen nicht, dass mich der Abschluss dieser Verhandlungen nicht ohne Emotionen, nicht unberührt lässt, denn auch ich habe natürlich einiges auch persönlich hierin investiert, Zeit und Energie aufgewandt. Vor allem aber gilt mein Dank, genauso wie für die Zwangsarbeitereinigung Maria Schaumayer und ihrem Team, Botschafter Ernst Sucharipa, der mit seinem Team hier auf der Galerie sitzt und der Debatte beiwohnt. (Allgemeiner Beifall.)

Herzlich danken möchte ich auch dem Leiter des Völkerrechtsbüros, Herrn Botschafter Hans Winkler, der heute nicht da sein kann, was ich sehr bedauere. Herr Botschafter Winkler ist nämlich unterwegs zu einer internationalen Konferenz, zu einer Tagung in Berlin, wo – nach vielen Mühen – Österreich in eine ganz bestimmte, zu diesem Themenkomplex gehörende Arbeitsgruppe aufgenommen wird. – Auch dem Vertreter der Wirtschaft, Herrn Herbert Pichler, möchte ich nachhaltig danken.

Wenn ich ganz ehrlich sein darf: Am Anfang dieses Prozesses waren wir ja selbst nicht ganz sicher, wie das laufen wird. Wir haben zuerst überlegt: Ist es richtig, diese beiden Komplexe zu trennen, oder soll man – so wie in Deutschland – die Zwangsarbeiterfrage und die Restitutionsfrage, wo Österreich ja schon vieles gemacht hatte, zusammenführen? – In der Zwangsarbeiterfrage ging es ja um total neues Terrain.

Ich bin damals vor allem der Empfehlung von Maria Schaumayer gefolgt – und ich glaube, es war dies eine richtige Empfehlung. Wir haben dann überlegt: Wer kann in dieser Situation am besten die Kraft, die fast übermenschliche Kraft für diese unglaublich komplizierten Verhandlungen aufbringen?

Offen gestanden: Es machen sich ja nur ganz wenige ein Bild davon, was es bedeutet, in dieser Angelegenheit in einer "Shuttle-Diplomatie" viele, viele Stunden, Tage und Nächte, mit sehr, sehr komplizierten Texten, mit vielen, vielen Anwälten zu verhandeln. Glauben Sie mir: Das waren manchmal – jedenfalls bei jenen Punkten, bei denen ich dabei gewesen bin – durchaus nicht unemotionale Verhandlungen. Und ich verstehe das auch.

An dieser Stelle möchte ich auch ausdrücklich dem amerikanischen Verhandlungsteam, das das sehr gut und sehr professionell gehandhabt hat, meinen Dank zollen. Der jetzt aus dem Amt geschiedene stellvertretende US-Finanzminister – davor war er ja im Außenministerium – Stuart Eizenstat, der insgesamt für alle Shoa-Opfer und Zwangsarbeiter ein Gesamtpaket von über 7 Milliarden Dollar in Verhandlungen zustande gebracht hat, war ein kluger, sehr energischer, aber zugleich auch sensibler Verhandlungspartner. Und daher möchte ich ihm von dieser Stelle aus im Namen der österreichischen Bundesregierung sehr herzlich für dieses Engagement danken! (Allgemeiner Beifall.)

Und eines ist klar: Wenn es ein gemeinsamer Erfolg ist, dann gehört auch das Einbekenntnis dazu. Ich bin ja froh darüber und stolz darauf, dass es gelungen ist – gerade in einer Zeit, in der


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