Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 184

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Mobiliar. Sie haben – ich weiß es, denn nicht nur einmal, sondern zwei- oder dreimal wurde mir das erzählt – die Wohnungen umkreist. Manche haben auch versucht, mit den Wohnungsinhabern zu sprechen – das waren eher schlimme Erfahrungen. Manche haben sich nicht in die Wohnung hineingetraut und haben anderweitig versucht, wieder in diesem Land Fuß zu fassen. Über die möchte ich auch gerne reden. Die haben weder von diesen Restitutionen noch von sonstigen Restitutionen in der Vergangenheit irgendetwas gehabt.

Wenn wir also hier und heute etwas beschließen, meine Damen und Herren, dann seien Sie sicher, auch wenn Sie noch so sehr aufrechnen: Erstens lässt es sich nicht wieder gutmachen, und zweitens haben viele nie versucht, eine Leistung von dieser Republik zu erhalten. Das Einzige, was sie von dieser Republik einfordern, ist Anerkennung: eine Anerkennung als Opfer.

In diesem Zusammenhang, Herr Bundeskanzler, die allerletzte, abschließende Bemerkung: Ich würde mir wünschen, dass wir diese Anerkennung für die Opfer – und sie steht noch aus, und ich habe nicht versucht, das jetzt in Form eines Antrags zum Gegenstand der Debatte zu machen – noch nachliefern.

Ich werde Sie bei dem, was Sie gesagt haben, sehr ernst nehmen. Im Opferfürsorgegesetz haben wir noch immer Gruppen von der Anerkennung als Opfer ausgeschlossen. Ich denke, wenn wir diese Leistung heute hier hinter uns gebracht haben, dann sollten wir auch über die wenigen noch ausständigen Opfergruppen, ob das jetzt Zwangssterilisierte, Homosexuelle oder so genannte Asoziale sind, die vom Nationalsozialismus verfolgt worden sind, nachdenken und ihnen ihre auch in erster Linie politische Anerkennung als Opfer gewähren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

20.50

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin vor ziemlich genau einem Jahr von Ihnen allen – beziehungsweise erlauben Sie mir zu sagen: von euch allen – zum Dritten Präsidenten dieses Hauses gewählt worden, und ich habe mich, einer langjährigen Übung entsprechend, in diesem Jahr nie zu Wort gemeldet, weil ich glaube, dass es weise ist, wenn sich Präsidenten, um die Unabhängigkeit ihrer Position zu dokumentieren, aus der politischen Diskussion hier im Hause heraushalten.

Ich nehme heute davon Abstand, weil dies eine historische Stunde ist und weil ich glaube, dass in historischen Stunden auch persönliche Bekenntnisse erfolgen sollten. Ich halte es für notwendig, dass sich jeder von uns, unabhängig von seiner Position, zu der Verantwortung bekennt, die jeder Österreicher haben muss, nämlich zur Verantwortung dafür, dass es vor kaum mehr als einem halben Jahrhundert mitten in Europa und mitten im 20. Jahrhundert unvorstellbare Ereignisse gegeben hat, und ich meine, dass wir alle verpflichtet sind, das Gedenken daran auch an zukünftige Generationen weiterzugeben.

Ich meine, dass es auch darum geht, Zeichen für die Überlebenden zu setzen, denn wir müssen uns vorstellen, was sie mitgemacht haben und dass sie es nicht gewagt haben, auch Jahre danach nach Hause zurückzukehren, dass sie aber kein entsprechendes Zeichen erfahren haben.

Ich danke daher allen, die sich bemüht haben, dafür Lösungen zu finden und den Worten auch Taten folgen zu lassen! Ich danke an allererster Stelle dem Herrn Bundeskanzler und der Bundesregierung, die dieses Werk in Angriff genommen und zu Ende geführt haben!

Ich bedauere allerdings, dass es auch in dieser Stunde nicht in allen Redebeiträgen möglich war, diesen Ernst zum Ausdruck zu bringen. Ich habe es etwa bedauert – das möchte ich hier auch offen sagen –, dass eine Wortmeldung offensichtlich aus taktischen Gründen zurückgezogen und ganz ans Ende gesetzt wurde, damit bestimmte Dinge zum Ausdruck gebracht werden können, was sonst gar nicht möglich gewesen wäre. – Ich glaube, dass es keiner Einforderung bedarf, dass man vom Herrn Bundeskanzler bestimmte Worte hören möchte. Er hat seine


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